4.9.2015, 17 Uhr

Akademie der Künste trauert um Rainer Kirsch

Der Schriftsteller Rainer Kirsch, geboren am 17. Juli 1934 in Döbeln/Sachsen, ist in der Nacht des 4. September in Berlin gestorben.

Rainer Kirsch studierte Geschichte und Philosophie in Halle/Saale und Jena. Nach seiner Exmatrikulation aus politischen Gründen 1957 wurde er vorübergehend aus der SED ausgeschlossen und musste sich als Hilfsarbeiter „in der Produktion bewähren“. Seit 1960 freischaffend literarisch tätig, veröffentlichte er erste Gedichte. Von 1963 bis 1965 studierte er am Literaturinstitut „Johannes R. Becher“ in Leipzig; das Abschlussdiplom wurde ihm verweigert. Mit der Lyrikerin Sarah Kirsch, seiner ersten Ehefrau, gab er einige gemeinsame Gedichtbände heraus. 1966, 1967 und 1970 führten ihn längere Aufenthalte nach Georgien/UdSSR. Seine künstlerische Auseinandersetzung mit dem „real existierenden Sozialismus“ erregte immer wieder Anstoß und zog Reglementierungen nach sich. Rainer Kirschs Faust-Komödie Heinrich Schlaghands Höllenfahrt bildete 1973 den Anlass zu einem erneuten Ausschluss aus der SED. 1990 wurde er Präsident des DDR-Schriftstellerverbandes und Mitglied der Akademie der Künste (Ost), danach der vereinigten Akademie der Künste. Sein Werk umfasst sowohl Lyrik, Dramen und Erzählungen als auch Essays, Hörspiele und Kinderbücher. Verdienste erwarb er sich bei der Vermittlung zwischen den Kulturen als Nachdichter und Übersetzer, u.a. von Anna Achmatowa, Sergej A. Jessenin, John Keats, Wladimir Majakowski, Ossip Mandelstam, Petrarca oder Percy B. Shelley. Angesichts existentieller wie gesellschaftlicher Gefährdungen setzte Rainer Kirsch die Poesie als Anker im Strom der Zeit.

Sein Archiv mit Werkmanuskripten und umfangreichen Korrespondenzen befindet sich in der Akademie der Künste.

Jeanine Meerapfel
Präsidentin der Akademie der Künste

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