29.9.2004

"Auch 1 Fotoapparat war unter den Geschenken"

Arno Schmidt fotografiert. Bilder aus Bargfeld

Ausstellung im Studiofoyer der Akademie, Hanseatenweg 10, Berlin-Tiergarten
vom 04. – 27. Oktober 2004, tägl. 11 – 20 Uhr, Eintritt frei

Ausstellungseröffnung am 3. Oktober, 20 Uhr, in der Akademie der Künste

Fotografiert hat Arno Schmidt immer: Als junger Mann, in den 30er und 40er Jahren, private Schnappschüsse; als junger Autor dann, in den 50er Jahren, vornehmlich optische Notizen, Gedächtnisstützen in Schwarzweiß für die Schauplätze seiner Romane. Doch ab 1964 bekommen seine Fotos eine neue Qualität. Mit dem Einsatz einer zweiäugigen Spiegelreflexkamera und farbiger Diafilme im seltenen Format von vier mal vier Zentimetern löst sich Schmidts Fotografieren von der Funktion eines Schreib-Hilfsmittels und wird selbst zum Medium seiner Kunst. In den gut zweieinhalbtausend Farbdias, die Schmidt bis zu seinem Tod 1979 in Bargfeld und Umgebung gemacht hat, zeigt sich das durch jahrzehntelange Weltbeobachtung geschulte Auge und der durch Weltbeschreibung trainierte Sinn für Strukturen, Nuancen und Details.
Die Auswahl der Farbdias für diese Ausstellung der Arno Schmidt Stiftung Bargfeld traf einer der führenden Experten für Fotografie, der Archivar und Ausstellungsmacher Janos Frecot, Gründer und langjähriger Leiter der "Photographischen Sammlung" der Berlinischen Galerie.

Zur Ausstellungseröffnung am Sonntag, dem 3. Oktober, 20 Uhr, im Studio der Akademie der Künste, spricht Janos Frecot die einführenden Worte. Joachim Kersten, Bernd Rauschenbach und Jan Philipp Reemtsma lesen "Großer Kain" von Arno Schmidt.

Arno Schmidt
1914 geboren in Hamburg. 1928 nach dem Tod des Vaters Umzug der Familie nach Lauban (Schlesien). 1933 Abitur. 1934 kaufmännischer Lehrling (später Buchhalter) in der Textilindustrie. 1937 Heirat mit Alice Murawski; Umzug nach Greiffenberg (Schlesien), 1940 zur Artillerie eingezogen; Schreibstubendienst in Hagenau (Elsaß). 1942 Versetzung nach Norwegen (Molde-Fjord). 1945 englische Kriegsgefangenschaft in einem Lager bei Brüssel. 1946 Dolmetscher in einer englischen Hilfspolizeischule in der Lüneburger Heide; Schmidts wohnen im Mühlenhof Cordingen. 1949 erste Buchveröffentlichung: Leviathan (Rowohlt Verlag). 1950 "Großer Akademie-Preis für Literatur" der Mainzer Akademie; Umsiedlung nach Gau-Bickelheim. 1951 Umzug nach Kastel an der Saar. 1955 Verfahren wegen Verbreitung von Pornografie und Gotteslästerung; Umzug nach Darmstadt.
1956 Einstellung des Verfahrens; Wechsel zum Stahlberg Verlag. 1958 Umzug nach Bargfeld (Kreis Celle). 1964 Berliner Kunstpreis für Literatur (Fontanepreis). 1965 "Große Ehrengabe des Kulturkreises im Bundesverband der deutschen Industrie". 1970 erscheint Arno Schmidts Hauptwerk Zettel's Traum nach etwa 6jähriger Arbeit. 1972 Herzinfarkt. 1973 Goethe-Preis der Stadt Frankfurt am Main. 1977 finanzielle Unterstützung durch Jan Philipp Reemtsma. 1979 Arno Schmidt stirbt im Krankenhaus Celle an den Folgen eines Schlaganfalls.
1981 Alice Schmidt und Jan Philipp Reemtsma gründen die Arno Schmidt Stiftung. 1983 Tod von Alice Schmidt.
Seit 2002 erscheint Arno Schmidts Werk im Suhrkamp Verlag; Informationen über Werk und Leben unter www.Arno-Schmidt-Stiftung.de

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