15.11.2006

DER DOPPELTE BENN: DICHTER UND ZEITZEUGE

Podiumsdiskussion mit
Ulrike Draesner, Joachim Dyck, Aris Fioretos, Durs Grünbein und Helmut Lethen,
Moderation: Thomas Wegmann

Akademie der Künste, Pariser Platz 4, Berlin-Mitte
Sonnabend, 18.11.2006, 20.00 Uhr, Plenarsaal
Eintritt € 5,-/ermäßigt € 4,-

Gottfried Benn war einer der einflußreichsten Erneuerer deutschsprachiger Lyrik im 20. Jahrhundert. Zeit seines Lebens stand sein poetisches Verfahren ganz im Zeichen der Moderne. Seit den 20er Jahren mischte sich der avancierte Verseschmied immer häufiger mit Essays, Feuilletons und Rundfunkbeiträgen auch in das kulturbetriebliche Tagesgeschehen ein.
Bis heute umstritten ist seine Rolle bei der Gleichschaltung der Akademie der Künste, deren Mitglied er seit 1932 war. War sein kurzes, aber unverhohlenes Bekenntnis zum Nationalsozialismus ein politischer Irrtum, oder gibt es dafür auch Anhaltspunkte in seinem literarischen Werk? Warum hat er sich auch im Nachhinein beharrlich geweigert, öffentlich die Praktiken in der NS-Diktatur zu brandmarken? Kann man den Dichter Benn vom Zeitzeugen Benn trennen? Am Ende des Benn-Jahres ist es Zeit auch für solche Fragen.

Das Podiumsgespräch in der Akademie am Pariser Platz findet an jenem historischen Ort statt, an dem Mitgliedern der Sektion für Dichtkunst am 13. März 1933 eine von Gottfried Benn entworfene Loyalitätserklärung an die neuen Machthaber abgefordert wurde. Mit dieser Entscheidung war das Ende der alten Sektion für Dichtkunst an der Preußischen Akademie der Künste eingeläutet: Alfred Döblin, Thomas Mann und Ricarda Huch erklärten ihren Austritt, und bis Mai 1933 war die Hälfte der Sektionsmitglieder zum Austritt gezwungen, ausgeschlossen und durch Schriftsteller wie u.a. Hans Grimm, Börries von Münchhausen, Blunck, Kolbenheyer und Will Vesper ersetzt worden.

Die Rolle Benns bei der Gleichschaltung der Akademie wird nach wie vor unterschiedlich bewertet, so auch in den in diesem Jahr erschienenen Büchern von Joachim Dyck („Der Zeitzeuge. Gottfried Benn 1929-1949“) und von Helmut Lethen („Der Sound der Väter. Gottfried Benn und seine Zeit“). Beide sind auf dem Podium vertreten neben den Lyrikern und Essayisten Durs Grünbein und Ulrike Draesner sowie dem schwedischen Prosaautor, Übersetzer und Kulturattaché Aris Fioretos.  Es moderiert der Berliner Literaturkritiker Thomas Wegmann.

Zum Podium:

Ulrike Draesner, geb. 1962 in München. Lyrikerin, Prosaautorin, Essayistin, Übersetzerin, Literaturwissenschaftlerin, lebt in Berlin
Joachim Dyck, geb. 1935, Prof. emer. für Literaturtheorie, Vorsitzender der Gottfried Benn-Gesellschaft, gibt seit 2003 das “Benn-Jahrbuch” heraus, 2006 erschien im Wallstein Verlag „Der Zeitzeuge. Gottfried Benn 1929-1949“
Aris Fioretos, geb. 1960 in Göteborg, Prosaautor, Essayist, Übersetzer, Kulturattaché der Schwedischen Botschaft in Berlin
Durs Grünbein, geb. 1962 in Dresden, Lyriker, Prosaautor, Essayist, Übersetzer, seit 1999 Mitglied der Akademie der Künste
Helmut Lethen, geb. 1939, Prof. emer. Für Neueste Deutsche Literatur, zahlreiche Veröffentlichungen, insbesondere zur deutschen Literatur des frühen 20. Jahrhunderts, 2006 erschien bei Rowohlt Berlin „Der Sound der Väter. Gottfried Benn und seine Zeit“
Thomas Wegmann, geb. 1962, ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für deutsche Literatur der Humboldt-Universität, Berlin, und Literaturkritiker

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