18.9.2007

Äußerungen des Kölner Kardinals über "entartete Kultur" sind ein kulturpolitischer Skandal

Klaus Staeck, Präsident der Akademie der Künste, zu Meisners jüngster Polemik (Pressemitteilung vom 15.9.2007)

Die skandalöse Äußerung des Kölner Kardinals Meisner, der am Freitag (14.9.2007) den Begriff „entartete Kultur“ verwendet hatte, um damit eine angeblich „gottlose Kunst“ zu geißeln, hat auch den heftigen Widerspruch des Präsidenten der Akademie der Künste, Klaus Staeck, erregt.
Staeck sagte heute in einem Interview für den Deutschlandfunk, man solle Kardinal Meisner diese Entgleisung nicht so schnell vergessen. „Es gibt Dinge, auf die wir uns in mühevoller Arbeit seit 1945 geeinigt haben – und dazu gehört es, Begriffe wie entartet aus dem öffentlichen Sprachgebrauch zu verbannen. Denn damit wurden Künstler diskriminiert. Die Folge waren Berufsverbote, KZ-Haft oder die Flucht in die Emigration.“ Meisner gehöre zu den „Zündlern“ und sei dafür einschlägig bekannt. Bringe man Kunst und christlichen Glauben zwanghaft zusammen, dann könnte man das schlicht reaktionär nennen. Im Zusammenhang mit dem Begriff „entartet“ werde es jedoch bösartig und müsse in aller Schärfe zurückgewiesen werden.
Es stehe Kardinal Meisner auch nicht zu, sich auf Joseph Beuys zu berufen, einen Künstler, dessen Werk und Denken durchaus christlich inspiriert waren. Aber Beuys sei auch deshalb aus der katholischen Kirche ausgetreten, weil er mit einer Kirche, wie sie Kardinal Meisner heute vertritt, nichts zu tun haben wollte.
Meisner lege es letztlich darauf an, mit seinem Reden über „gottlose Kunst“ der Kirche eine Definitionshoheit über die Kunst geben zu wollen. Er setze sich damit bewusst über Grenzen bisher gültiger gesellschaftlicher Vereinbarungen hinweg und gehe offen zur Beschimpfung von Künstlern über. „Wäre er Politiker, würde man ihn zum Rücktritt auffordern“, sagte Klaus Staeck.

In einem der nächsten „Akademiegespräche“ am 16.Oktober wird sich die Akademie der Künste dem Thema „Jenseits im Diesseits – Der Streit um Moscheen, Synagogen und Kirchenfenster“ widmen.  Gesprächspartner von Klaus Staeck  sind Boris Groys und Günter Wallraff.

Druckversion