26.9.2007

Akademie der Künste erwirbt Otto-Nagel-Archiv

Die Akademie der Künste hat das Archiv des Malers und vormaligen Akademiepräsidenten Otto Nagel (1894 – 1967) übernommen. Dieser für das Leben und Werk Nagels höchst aussagekräftige Bestand umfasst 16 laufende Meter Archiv- und Sammlungsgut und dokumentiert insbesondere auch seine kulturpolitische Laufbahn. Seltene Fotos, z. B. der „Ersten Allgemeinen Deutschen Kunstausstellung“ in Leningrad 1925, und ebenso seltene Kataloge, z. B. der Ausstellung „Frauen in Not“ von 1931/1932, belegen für die frühen Jahre seine Tätigkeit als Ausstellungsmacher. Ausführlich dokumentiert sind für die Zeit nach 1945 auch die Anfänge des Kulturbundes in Brandenburg sowie Nagels Akademiepräsidentschaft. Aus der umfangreichen Korrespondenz sind vor allem die Briefkonvolute von Heinrich Zille und Otto und Hulda Pankok hervorzuheben. Buch- und Redemanuskripte werden durch eine umfangreiche Sammlung von Werkfotos und Pressematerialien ergänzt.

Eine Auswahl von Dokumenten und Fotos wird vom 15. Oktober bis 4. November täglich im Archiv-Schaufenster am Pariser Platz 4 zu sehen sein, ebenso während einer Matinee für Otto Nagel am 21. Oktober am Hanseatenweg 10.
Ende März kommenden Jahres zeigt das Akademiearchiv zusammen mit dem Mitte Museum im Palais am Festungsgraben eine Kunst- und Dokumentenausstellung zu Leben und Werk Otto Nagels.

Aus ärmlichen Verhältnisse der Weddinger Hinterhöfe stammend, in die er am 27. September 1894 hineingeboren worden war, bildete sich Nagel zum Maler aus und arbeitete sich zum mit vielen Ämtern betrauten Kulturfunktionär hoch. Nach dem Besuch einer Weddinger Volksschule und einer abgebrochenen Lehre als Mosaik- und Glasmaler schlug er sich als Hilfsarbeiter durch. Er engagierte sich von Jugend an in der Arbeiterbewegung und wurde 1918 Mitglied der KPD. 1921 trat der Autodidakt Nagel zum ersten Mal mit eigenen sozialkritischen Werken in der „Arbeiter-Kunst-Ausstellung“ an die Öffentlichkeit. Er arbeitete am wichtigsten publizistischen Organ des sogenannten Münzenberg-Konzerns, der „Arbeiter-Illustrierten-Zeitung“ mit. 1924 organisierte er eine vielbeachtete Ausstellung progressiver Künstler im Warenhaus Wertheim und stellte auch die „Erste Allgemeine Deutsche Kunstausstellung“ zusammen, mit der er im Spätsommer 1924 in die Sowjetunion reiste. Gemeinsam mit Heinrich Zille gründete er 1928 die satirische Zeitschrift „Eulenspiegel“,deren Redakteur er bis 1931 war, 1929 übernahm er mit Käthe Kollwitz und Hans Baluschek das Protektorat für den Zille-Gedenkfilm „Mutter Krausens Fahrt ins Glück“, einen der letzten großen Stummfilme der zwanziger Jahre. 1931 gehörte er zu den Mitorganisatoren der Ausstellung „Frauen in Not“, ein Jahr später organisierte er eine Ausstellung der Werke von Käthe Kollwitz, die in Moskau und Leningrad gezeigt wurde.

Während der NS-Zeit versuchte Otto Nagel, sich mit einer privaten Malschule über Wasser zu halten. Er wurde im April 1937 in Schutzhaft genommen und war für kurze Zeit im KZ Sachsenhausen inhaftiert. Nach Kriegsende war er maßgeblich am kulturpolitischen Aufbau der DDR beteiligt. Er hatte Schlüsselstellungen in allen wichtigen kulturellen Einrichtungen inne: er war stellvertretender Landesvorsitzender, dann Vorsitzender des Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands in Brandenburg. Er bekleidete das Amt des 1. Vorsitzenden des Verbandes Bildender Künstler und war schließlich von 1956 bis 1962 Präsident, danach bis zu seinem Tode am 12. Juli 1967 Vizepräsident der Deutschen Akademie der Künste.

Veranstaltungshinweis

Matinee für Otto Nagel
"Ich war ja kein Träumer, sondern sah die Dinge sehr realistisch"
Akademie der Künste
Sonntag, 21. Oktober 2007, 11 Uhr
Hanseatenweg 10, Studio
Eintritt Euro 5/ermäßigt 4

Wieland Förster erinnert sich an Otto Nagel, Wolfgang Unterzaucher liest aus dessen autobiographischen Texten, Wolfram Bodag begleitet am Klavier und Keybord "Mutter Krausens Fahrt ins Glück", einen der letzten großen Stummfilme der 1920er Jahre.

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