11.11.2008

Klaus Staeck zur Einladung der bedrohten Schriftsteller Roberto Saviano und Salman Rushdie durch die schwedische Nobelpreis-Jury

Kommentar des Akademie-Präsidenten für RBB Kulturradio am 12.11.2008

„Ich begrüße sehr, dass sich die Nobelpreis-Jury der Schwedischen Akademie nach offensichtlich schwierigen internen Debatten nun doch dazu durchgerungen hat, Roberto Saviano und Salman Rushdie zu einer Veranstaltung einzuladen. Salman Rushdie ist seit 20 Jahren durch eine islamische Fatwa mit dem Tod bedroht und alle Hoffnungen, dass sich seine Situation verbessern würde, wurden immer wieder Lügen gestraft. Der noch junge Autor Roberto Saviano hat in seinem Buch ‚Gomorrha’ die brutalen Machen-schaften der Camorra beschrieben und ist nun seines Lebens nicht mehr sicher. Bis Ende des Jahres soll er ermordet werden.
Wann, wenn nicht jetzt, ist Solidarität gefordert! Wenn wir das Recht auf Meinungsfreiheit nicht verteidigen und den Kampf gegen schreiendes Unrecht, wie das der Camorra und Mafia nicht unterstützen, verlieren wir unsere Glaubwürdigkeit auch in anderen Fragen. In der Akademie der Künste wissen wir sehr genau, wie schwierig ein Abwägen zwischen Sicherheitsbedenken und Solidarität mit verfolgten Schriftstellern ist. Schon vor knapp 20 Jahren gab es hier einen Konflikt wegen einer Einladung an den damals schon verfolgten Rushdie. Günter Grass trat empört aus der Akademie aus, nachdem die Veranstaltung mit dem britischen Autor schließlich abgesagt worden war. Grass wurde erst zehn Jahre später wieder Mitglied, als Rushdie auf Einladung von György Konrád in der Akademie zu Gast war. 
Vor einem Jahr fand in der Akademie eine Veranstaltung zur Mafia und Camorra statt, an der die wunderbare Kämpferin gegen die Mafia und Fotografin Letizia Battaglia teilnahm. Ich habe damals versucht, auch Roberto Saviano einzuladen, der aus Sicherheitsgründen absagen musste. Nun ist seine Situation noch schwieriger geworden. Ich werde versuchen, ihn wieder einzuladen.
Die Schwedische Akademie muss wie jede öffentlich tätige Kulturinstitution auch politisch Verantwortung übernehmen. In Deutschland wissen wir sehr genau, dass es den berühmten Elfenbeinturm der Künste nicht geben kann. Auch Künstler handeln politisch. Umso mehr freue ich mich, dass es in zwei Wochen in Stockholm die Veranstaltung mit dem Titel ‚Das freie Wort und die gesetzlose Gewalt’ geben wird.“ 

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