6.11.2010

Herbst-Mitgliederversammlung 2010 der Akademie der Künste

Am 5. und 6. November hat die 35. Mitgliederversammlung der Akademie der Künste in Berlin stattgefunden. An der internen Tagung haben u.a. Volker Braun, Péter Esterházy, Cornelia Froboess, Barbara Klemm, Wolfgang Kohlhaase, Thomas Langhoff, Luca Lombardi, Ulrich Matthes, Gisela May, Ingo Schulze, Uwe Timm und Georg-Stefan Troller teilgenommen. Von den im Frühjahr neu zugewählten Mitgliedern waren erstmals u.a. Mirosław Bałka, Richard Deacon, Mona Hatoum, Ulrich Peltzer und Lutz Seiler anwesend.

Akademie-Präsident Klaus Staeck hatte zum Auftakt der Versammlung am Freitag den Moskauer Kunsthistoriker Andrej Jerofejew eingeladen. Der ehemalige Leiter der Abteilung für Zeitgenössische Kunst an der Tretjakow Galerie sprach über Zensur und die Freiheit der Künste im gegenwärtigen Russland. Er war wegen einer Ausstellung über zensierte Kunst gemeinsam mit dem Kurator Juri Samodurow angeklagt worden. Ein Moskauer Gericht verurteilte beide im Sommer dieses Jahres zu hohen Geldstrafen. Die Akademie hatte wiederholt gegen die Kriminalisierung der Kunstwissenschaftler protestiert.
Jerofejew wirft der russischen Kulturbürokratie vor, als Handlanger der russisch-orthodoxen Kirche und ultrarechter Organisationen zu agieren, wenn es darum geht, Künstler und Intellektuelle zu diskriminieren und zu kriminalisieren. Der Westen müsse begreifen, dass es sich um mehr handle als um einen Krieg gegen die künstlerische Moderne. Das Entstehen einer „theokratischen Diktatur fundamentalistischer Ausrichtung“ könne nicht im Interesse Europas liegen. Wie groß bereits die Gefahr einer „Iranisierung“ des Landes sei, fragte sich Jerofejew in der gestrigen Abendveranstaltung.

In der heutigen Plenartagung betonte Klaus Staeck das politische Engagement der Institution. So ermutige die Akademie der Künste beispielsweise aktuell die Bundesregierung, trotz der Drohungen seitens der chinesischen Regierung, an ihrer Entscheidung festzuhalten, einen Vertreter zur Verleihung des Friedensnobelpreises 2010 an Liu Xiaobo zu entsenden. Des Weiteren protestiert die Akademie der Künste dagegen, dass der chinesische Konzeptkünstler Ai Weiwei kurzfristig unter Hausarrest gestellt wurde. Im März dieses Jahres hatte er an einem Akademie-Gespräch in Berlin teilgenommen.

Auf der Tagesordnung der nicht-öffentlichen Mitgliederversammlung standen Arbeitsgespräche in den Kunst-Sektionen, die Vorstellung neuer Mitglieder sowie die Wahl von Stipendiaten. Zum Ausklang der Tagung findet ein Konzert mit Streichquartetten von Akademie-Mitglied Wolfgang Rihm statt.

Die Akademie der Künste hat aktuell 398 Mitglieder in ihren sechs Kunst-Sektionen. Ihr Archiv zählt u.a. über 1100 Künstlernachlässe. Seit 2006 ist Klaus Staeck Akademie-Präsident. Im Frühjahr 2009 war er für weitere drei Jahre im Amt bestätigt worden. Vizepräsidentin ist Nele Hertling.

Vgl. Pressemeldung vom 28.10.2010

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