Künstlerpost aus den Archiven

Haben Sie nicht auch schon einmal Liebesbriefe mit einem Herzen oder gar detaillierteren Zeichnungen versehen? Oder gehören Sie einer Generation an, die gar keine Liebesbriefe mehr schreibt, zumindest nicht von Hand?
Im Zeitraum, aus dem die Künstlerpost stammt, war die spielerische Verbindung von schriftlicher und bildlicher Mitteilung noch Gemeingut.
Die Akademie breitet in diesem historischen Teil der Ausstellung bisher noch nie oder selten gezeigte Schätze aus ihren Archivbeständen aus. Hier finden sich private Briefe und Karten von George Grosz, Max Pechstein, Else Lasker-Schüler, Max Schwimmer, von HAP Grieshaber, Gustav Seitz und Paran G'Schrey, Walter Stöhrer und Dieter Goltzsche, einst gesendet an vertraute Kollegen, intime Freunde und geliebte Familienmitglieder, oder auch nicht minder persönliche Zeichenbotschaften von Bernhard Heisig, Bernard Schultze, Werner Stötzer und Joachim John, die an die Akademie adressiert waren.
Zu den zahlreichen gezeichneten, gemalten, collagierten, druckgrafisch oder typografisch bemerkenswerten Postsendungen von Künstlerinnen und Künstlern anderer Sparten zählen die berühmten Briefe der Architektengemeinschaft Gläserne Kette um Bruno Taut, Bauhausbriefe von Lyonel Feininger, amüsante Bild-Wort-Kommentare und Architekturentwürfe von Hans Scharoun, Bühnenbildentwürfe von Teo Otto, aquarellierte Briefe von Sarah Kirsch, Einar Schleefs Bilderbriefe an seine Mutter Gertrud sowie originell gestaltete Grüße und Kurzkommentare von Robert Wilson und Horst Bartnig, von Luigi Nono, György Ligeti und Achim Freyer.
Die postalische Mitteilung braucht Zeit, und sie ist auf Antwort aus. Die unbestimmte Spanne vom Absenden bis zum Eintreffen der Nachricht, die heutzutage im Internet auf Sekunden geschrumpft ist, konstituiert das Wesen des Briefs. Das Warten lässt die räumliche Entfernung und die Dimension der Zeit erfahren. Der besondere Bezug zum Adressaten charakterisiert die Liebesbriefe, die Freundesbriefe, die Briefe an die Mutter.
Die verschiedenen künstlerischen Verfahren veranschaulichen die ungemein reichen Möglichkeiten, sich bildnerisch im und mit Text mitzuteilen. Auch den heutigen Betrachter freuen die spielerischen Gestaltungen und machen neugierig, was Schreiber und Adressaten wohl seinerzeit bewegt hat.


George Grosz, Huntington/Long Island (New York), an Otto Schmalhausen, Berlin, 15.2.1957
Kunstpostkarte von André Masson mit Collage von George Grosz, 14,7 x 10,2 cm
Otto-Schmalhausen-Archiv, Akademie der Künste, Berlin
© Estate of George Grosz, Princeton, N. J. / VG Bild-Kunst, Bonn 2013