P R O G R A M M

Ausstellungseröffnung „Vorläufige Durchsuchung“
am 22.4. am Hanseatenweg

Robert Kudielka, Direktor der Sektion Bildende Kunst, der sich selber als freundlich-kritischen Betracher der „jungen akademie“ bezeichnete, eröffnete die Ausstellung am 22. April stellvertretend für den verhinderten amtierenden Präsidenten Matthias Flügge.
Aus der frei gehaltenen Rede von Robert Kudielka:

(...)
Was, das ist meine Frage, kann eine sogenannte „junge akademie“ in der Akademie der Künste sein? Ganz sicher ist das, was wir anbieten können, der Austausch mit uns älteren Mitgliedern, die im Durchschnitt ziemlich genau dreißig Jahre älter sind, wenn man sich diese vier Künstler auf ihre Lebensdaten ansieht. Ein Austausch, der auf lange Distanz sehr sinnvoll ist. Matisse hat einmal zu jungen Künstlern gesagt. „Haltet euch nicht an die Meister eurer Zeit, sondern an die, die vorher waren, denn die Meister eurer Zeit versklaven euch nur.“ Im Grunde ist es hilfreich, etwas unparteilicher zu sein und junge Künstler aus einer Distanz zu sehen und mit ihnen zu sprechen. Es wäre auf jeden Fall eine große Chance. Daß sie noch völlig unzureichend wahrgenommen wird, das müssen wir uns von der „alten Akademie“, auch von der Sektion Bildende Kunst, einmal ins Buch schreiben. (...) Das ist sicher zu verbessern und ich hoffe, wir können das in Zukunft tun. Die andere große Möglichkeit der Akademie ist zugleich ihre innere Schwierigkeit – denn sie ist ja nicht einfach eine Filmbühne, ein Konzerthaus, ein Theater, eine Literaturwerkstatt, eine Kunstgalerie oder eine Architekturgalerie, sondern sie hat all diese Künste in einem Haus vereinigt, die irgendwie mit ihren verschiedenen Veranstaltungen und Darstellungen miteinander auskommen müssen. Das ist auf der einen Seite eine große Chance und ein Grund für viele von uns, warum wir überhaupt in dieser Akademie sind. Auf der anderen Seite ist das auch eine Schwierigkeit. Denn das dunkle, schwarze Geheimnis der Akademie lautet – und ist in keiner wissenschaftlichen Institution je so zur Sprache gekommen: Es gibt keine Kunst – es gibt nur die Künste.
Sie müssen darüber miteinander sprechen, was ihnen gemeinsam ist; sie sind der Geschichte nach, der gesellschaftlichen Verantwortung nach sehr verschieden. Es ist höchst reizvoll, diesen Kontakt mit den anderen Künsten aufzunehmen. Es ist auch eine Schwierigkeit, die wir in der Akademie selber haben, aber es wäre etwas Befruchtendes für die „junge akademie“, für die jungen Künstler, einmal über den eigenen Horizont hinaus, dieser Situation ausgesetzt zu werden.
Das wird institutionell sichtbarer werden im Monat Mai. Zwischen 15. und 21. Mai findet die Werkstatt der „jungen akademie“ statt, wie immer hauptsächlich betreut von Renate Schubert. In dieser Werkstatt werden Sie dann auch die jungen Künstler der anderen Sektionen sehen. (...) Es gibt viele offene Probleme und viele Chance in der „jungen akademie“, die wir versuchen müssen wahrzunehmen. Etwas, das wir in der Sektion Bildende Kunst verbessert haben, ist das Auswahlverfahren. In der Weise, daß nicht nur Mitglieder Vorschläge machen können, sondern auch ehemalige Mitglieder der „jungen akademie“ ein Vorschlagsrecht haben; daß Kuratoren und Kritiker von außerhalb gebeten werden, Vorschläge zu machen, und daß dann eine Jury mit Mitgliedern meiner Sektion, die keine Vorschläge gemacht haben, die Künstler auswählen. So ist die Jury für diese Auswahl zusammen gekommen und hat eine ganz erstaunliche Auswahl getroffen, wie Sie an diesen Künstlerinnen und Künstlern sehen können. Sie hat vier Künstler ausgewählt, die gemeinsam etwas machen konnten und die ihrer Ausstellung den eigentümlichen Titel „Vorläufige Durchsuchung“ gegeben haben. Ich habe da zuerst etwas gestutzt - meine Generation hat so ein polizeifeindliches Gehör. Aber dann dachte ich doch, daß es ziemlich zeitgemäß sei, nicht mehr von Untersuchungen zu sprechen, wo man schon vorher weiß, was man zu untersuchen versucht. Sondern der Zeit entspricht es ja, daß die einen „ihr Ding durchziehen“ und die anderen sich irgendwie durchmogeln; einige darüber jammern, was sie alles durchmachen müssen; uns die Regierung versucht durchzuregieren. In dieser Zeit erscheint es mir also doch recht zeitgemäß, mal zu durchsuchen, wo wir da eigentlich gelandet sind, was das eigentlich ist; irgend etwas stimmt nicht so ganz mit uns allen. Deshalb finde ich den Titel jetzt doch ganz angemessen. Das erstaunliche Ergebnis ist, daß sich dabei alle vier Künstler auf einen Ort bezogen haben, was auch mit dem Titel der Ausstellung zusammen hängt und der Akademie sehr entgegenkommt. In einem Jahr, am 22. April, soll unsere große, immer wieder verschobene, an zwei Häusern stattfindende Ausstellung „RAUM.Orte der Kunst“ zu Ende gehen ...).

Junge Akademie der Künste