29.10.2012, 11 Uhr

Akademie der Künste trauert um Hans Werner Henze

Mit Hans Werner Henze hat die Welt einen ihrer großen Komponisten verloren - einen unabhängigen, streitbaren Geist, einen Schönheits- und Sinnsucher, einen originären, leidenschaftlichen, außergewöhnlichen Künstler von exemplarischer schöpferischer Kraft.  Seine ersten Opern, in Zusammenarbeit mit Ingeborg Bachmann, zeigten ihn bereits als musikalischen Erfinder und Fabulierer, für den Musik und Dichtung sich symbiotisch verschränken. Im Unterschied zum Aufbruch des Experimentellen in den 50er und 60er Jahren hielt er am Sprachcharakter der Musik fest. Für Henze gab es in der Tradition nichts schlussendlich Abgegoltenes. Im Gegenteil: Es bedeutete grundsätzlich keinen Widerspruch für ihn, an die Klangsprache und Kunstauffassung des 19. Jahrhunderts anzuknüpfen und gleichzeitig auch radikal politische Aussagen mit seinen Werken zu formulieren. Nach einem langen Leben in kreativer Auseinandersetzung, nach Kämpfen und Krisen, die ihn früh von Deutschland weg nach Italien führten, hinterlässt Hans Werner Henze ein gewaltiges kompositorisches Œuvre: über 40 Bühnenwerke, 10 Sinfonien, zahlreiche Konzerte, Kammermusik, Oratorien, Liederzyklen. Unmittelbar berührende Wirkung war ihm für sein Komponieren wichtig. Seine Musik zeugt von einem überwältigenden Farbenreichtum und brillantem handwerklichen Können. Jede seiner Uraufführungen wurde in den letzten Jahren zu einem bedeutenden öffentlichen Ereignis. Die internationale Musikwelt zollte ihm Respekt und Anerkennung für eine singuläre schöpferische Leistung. Sehr nachdrücklich sind noch die umjubelten Aufführungen etwa seiner Oper „Phaedra“ 2007 in der Staatsoper oder sein Pfingstwerk für den Thomanerchor „An den Wind“ vom Mai diesen Jahres in Leipzig im Gedächtnis. Diese Musik hat nichts Abgeschlossenes, sie weist in die Zukunft.
Hans Werner Henze starb am 27. Oktober 2012 in Dresden.
Akademie-Präsident Klaus Staeck zum Tod des langjährigen Mitglieds der West- wie der Ost-Akademie: „Die Akademie der Künste verliert in Hans Werner Henze nicht nur einen herausragenden Komponisten, sondern einen Künstler, der in seinem vielfältigen Werk immer auch eine politische Position auf Seiten der Aufklärung bezogen hat.“