28.4.2020, 16 Uhr

Akademie der Künste trauert um Per Olov Enquist

Am 25. April 2020 ist der schwedische Schriftsteller und Journalist Per Olov Enquist, Akademie-Mitglied seit 1996, im Alter von 85 Jahren gestorben. Zuletzt lebte und arbeitete er in Stockholm. Enquist war einer der erfolgreichsten Schriftsteller Schwedens und bediente sich nahezu aller literarischer Gattungen. In Deutschland wurde er u. a. bekannt durch seine Romane Kapitän Nemos Bibliothek (1994) und Der Besuch des Leibarztes (2001). Vor seiner Karriere als Schriftsteller arbeitete er seit Beginn der 1960er Jahre als Autor für verschiedene bedeutende schwedische Zeitungen, darunter Svenska Dagbladet und Expressen. 1972 war er als Reporter bei den Olympischen Sommerspielen in München dabei. Kulturpolitisch engagierte er sich im Staatlichen Kulturrat, im Rundfunkrat und im Vorstand des schwedischen Schriftstellerverbandes. Er erhielt zahlreiche Preise, darunter den Deutschen Bücherpreis für Internationale Belletristik (2002), den Nelly-Sachs-Preis (2003) und den Nordischen Preis der Schwedischen Akademie (2010).

Akademie-Mitglied Michael Krüger, langjähriger Verleger Per Olov Enquists, würdigt ihn:

„Lars Gustafsson, Tomas Tranströmer und Per Olov Enquist, dieses sehr unterschiedliche, befreundete Trio war in Deutschland für das Interesse an der schwedischen Literatur verantwortlich. Jetzt sind meine drei Freunde tot. Enquist war der Realist, der den Aufbruch Schwedens zu einem modernen Staat beschrieben hat, in Auszug der Musikanten. Sein Theaterstück Die Nacht der Tribaden machte ihn weltberühmt. Sein Hamsun-Film zeigte Enquists Interesse an der Verwicklung von Schriftstellerei und Moral. Dass dieser großgewachsene, schlaksige Kerl, einstiger Hochspringer, jahrelang mit seinem Alkoholismus gekämpft hat, hat er in seiner Autobiografie beschrieben. Enquist, der in den siebziger Jahren als DAAD-Stipendiat in Berlin gelebt und auch die DDR bereist hat, war ein politischer Kopf – aber auf eine zurückhaltende, freundliche, den Gegner ernstnehmende Weise. Er war, was man nicht von allen politisch denkenden Autoren sagen kann, ein liebenswerter Mensch.

Die Akademie der Künste trauert um ihr Mitglied.

Jeanine Meerapfel
Präsidentin der Akademie der Künst