STIPENDIATEN / STIPENDIATINNEN 2007

Porträt Genoël Rühle
Genoël Rühle
Stipendiat der Sektion Musik 2007

Jury: Toshio Hosokawa, Helmut Oehring,
Walter Zimmermann



1979 geboren in Monschau/Eifel.

Nach dem Besuch einer Schule mit Musikschwerpunkt, auf der er eine Ausbildung in Klavierspiel und Ensembleleitung erhielt, begann er 2000 sein Kompositionsstudium bei Younghi Pagh-Paan an der Hochschule für Künste Bremen. Bedingt durch das Umfeld der Hochschule wurde für ihn der Besuch von kunsttheoretischen Seminaren und Zusammenarbeiten mit Bildenden Künstlern zu einem wichtigen Teil seines Studiums.
Von 2003 bis 2004 studierte er am Institut für Sonologie in Den Haag, wo er einen einjährigen Intensiv-Kurs zu Themen der Computer-Musik, Performance und Akustik besuchte.
Im Sommer 2004 erhielt sein Stück „Angel Exterminador“ einen Stipendienpreis der Darmstädter Ferienkurse für Neue Musik.
Zur Zeit beendet Genoël Rühle sein Kompositionsstudium an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ bei Hanspeter Kyburz.

Genoël Rühle lebt in Berlin.


Preise/Stipendien
2003 DAAD-Stipendium für die Teilnahme am Centre Acanthes de Avignon, Kompositionskurs mit Klaus Huber
2004 Stipendienpreis der Internationalen Ferienkurse für Neue Musik Darmstadt
2005 Stipendium für den internationalen Kompositionsmeisterkurs auf Schloss Solitude
2005 Preis der Kunstakademie Düsseldorf zusammen mit Klara Adam für die
Skulptur/Klanginstallation „stealthbombfurniture“ während des Akademie-Rundganges
2006 2. Preis für die Komposition „Adrenochrom“ beim „Hanns-Eisler-Wettbewerb“
der Berliner Musikhochschulen

Assistenzen
2005 Assistenz bei Douglas Irving Repetto, Leiter des Studios für elektronische Musik an der Columbia University New York, im Rahmen des Projektes „Elektronic Mandala“ in der UdK
2006 Assistenz bei Georges Aperghis während der Proben zu „Commentaires“ in der Komischen Oper Berlin, Fortsetzung im Februar 07
2006 Assistenz bei Murray Schafer während der Produktion von „Theatre of the Senses“ in Sauen/Brandenburg

Als Nächstes
Gestaltung eines Programmpunktes der Sonic-Arts-Lounge während der Märzmusik 2007.
Komposition eines Musiktheaters für den Saalbau Neukölln, im Rahmen der Klangwerkstatt im November 2007, zusammen mit Cathy van Eck und Beate Baron


Werkliste
Instrumentalstücke (Auswahl)

„Les Illes Kerguelen“ (2000), Klavier-Solo
„Bei Nacht und die Töchter des Himmels,“ (2001) für Quintett:
 gr. Flöte, Klarinette, Violine, Viola und Cello
„Angel Exterminador“ für Viola Solo und Zuspielband (2002/2004)
„Schatten ferner Freunde“ (2004) für Streichorchester, Posaune,
Schlagzeug und Live-Elektronik
„Please remove me“ (2004) für zwei Klaviere
„Bouvetoya“ (2004), Streichtrio
„Septett“ (2005) für Flöte, Oboe, Bassklarinette, Violine, Viola, Cello und Kontrabass
„Formulator“ (2005) für einen Roboter-Diktator und präparierte Lautsprecher-Untertanen
„Adrenochrom“ (2006) für Ensemble: Piccolo, Bassklarinette, Alt-Saxophon,
Trompete, Bassposaune, Drum-Set, Percussion, Klavier, Viola und Cello
„Spuren im Schnee“, Ensemblestück für Flöte, Oboe, Klarinette, Horn, Schlagzeug, E-Gitarre, Synthesizer, Viola, Cello und Kontrabass
„Formulator 2“ (2006) für Roboter und Chor aus präparierten
Lautsprechern
„Formulator 3“ (2006) sakraler Aufbau für Roboter, Lautsprecher-Chor, ewiges Licht und Zwischenrufe tätigenden Eimer
„Freimarkt“ (2001), achtkanaliges Tonbandstück
„unvollendet, unerfüllt“  (2002) Sample-Collage mit Fragmenten
der Unvollendeten von Schubert
„zurück zum Beton“  (2003), sechskanaliges Tonbandstück
 „Der Atem der Stadt“ (2001), Installation und Performance mit Tauchern
der Berufsfeuerwehr Bremen anlässlich des 10-jährigen Bestehens des Museums für zeitgenössische Kunst Weserburg
„stealthbombfurniture“ (2005) Skulptur mit generativem Klangwetter,
achtkanalige Beschallung im Inneren der Skulptur, Zusammenarbeit mit Klara Adam an der Düsseldorfer Kunstakademie
„Himmelfahrt“ (2005) für Kassettendeck mit nach außen gekehrtem Innenleben


Werkbeschreibung
Meine Kompositionen sind sehr unterschiedlich, was verwendete Medien, Besetzungen oder Genreassoziationen betrifft.Vom instrumentalen Ensemble-Stück, über live-elektronische Performances hin zu szenischen Arbeiten mit  roboterähnlichen Aufbauten oder einfach nur Trash. Wahrscheinlich muss man einen Schritt zurück treten, um zu sehen, welche Idee sich als roter Faden durch viele meiner Stücke zieht: Insistieren bis die Situation kippt.
Den Erwartungshorizont eines Kunstwerks überschreiten: Nicht durch hineinmontieren von so genanntem Fremden, sondern durch Überstrapazierung des Eigenen; bis eine „Kernspaltung“ eintritt und sich – aus sich selbst heraus – ein neuer katastrophaler oder phantastischer  Zustand auffaltet. Trotz des sozial-gebundenen und durchinstitutionalisierten Rahmens, innerhalb dessen sich Neue Musik häufig abspielt, sehe ich Möglichkeiten kritischer und kommunikativer Aktion:
Ohne Hilfestellung konzeptioneller Postulate erlebbar zu machen, wie das Selbe als das „Un-Gleiche“ zu Perspektivwechseln zwingt, verstehe ich als sinnliche Art, einen Zuhörer zu fordern oder - positiv formuliert - sein Bedürfnis nach vielschichtigen Reizen ernst zu nehmen.
Genoël Rühle