27.5.2010

Akademie der Künste stellt verbotenen Roman von Boris Djacenko vor

Montag, 31. Mai 2010, 20 Uhr
Akademie der Künste, Pariser Platz 4, 10117 Berlin, Plenarsaal
Vortrag und Lesung mit Werner Liersch und Gunter Schoß
Eintritt € 5/3, Kartenreservierung Tel. 030 20057-1000
Pressekarten: Um Anmeldung wird gebeten: Tel. 030 200 57-1514, presse@adk.de

Über 50 Jahre nach seiner Entstehung wird der zweite Teil des Romans Herz und Asche von Boris Djacenko am kommenden Montag, den 31. Mai, erstmals in einer Veranstaltung und Vitrinenpräsentation in der Akademie der Künste der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Veröffentlichung des Romans war 1958 von der Führung der SED verhindert worden. Der Schriftsteller und Literaturwissenschaftler Werner Liersch rettete das vielleicht einzige noch existierende Exemplar der aufgebundenen Druckfahnen dieses Textes über die Jahrzehnte und übergab es jetzt an das Literaturarchiv der Akademie der Künste.

Der Schriftsteller Boris Djacenko (1917–1975) rührte mit Herz und Asche (Band 2) an ein Tabu: die Vergewaltigung deutscher Frauen durch Angehörige der Roten Armee. Der bis dahin als linientreu geltende Autor von Romanen, Erzählungen und Theaterstücken geriet ins Kreuzfeuer der offiziellen Kulturpolitik und wurde Opfer ihrer Zensur. Nach jahrelangen Diskussionen, Rechtfertigungen und Auseinandersetzungen musste Djacenko seine Hoffnung auf Erscheinen des Buches schließlich aufgeben. Unter Pseudonym schrieb er fortan vor allem Kriminalromane.

Dieses bis heute wenig bekannte Kapitel deutscher Literaturgeschichte wird Werner Liersch im Vortrag darstellen. Der Schauspieler Gunter Schoß liest aus dem zensierten Roman. Eine Vitrinenpräsentation (01.06. – 09.09.) zeigt das verbotene Buch, Dokumente zur Diskussion um die Veröffentlichung sowie zu Leben und Werk von Boris Djacenko.

Der erste Teil von Herz und Asche erschien 1954, eine zweite, veränderte Auflage schon 1955; weitere Auflagen folgten. Die Hauptfigur, Carla Lautenschläger, hilft 1944 dem flüchtigen sowjetischen Zwangsarbeiter Igor Pertuchow und gerät so in den Kreis einer Widerstandsgruppe in Norddeutschland. Igor gelingt die Flucht, er schlägt sich nach Berlin durch und setzt seine Arbeit im Untergrund fort. Carla und andere Mitglieder der Gruppe werden verhaftet. Djacenko schildert die Schicksale der Gefangenen vor dem Hintergrund der alliierten Siege über Hitlerdeutschland. Der Roman endet mit einem Hoffnungsschimmer: Carla bringt im Konzentrationslager ein Kind zur Welt, dessen Rettung sich die Mitgefangenen zur Aufgabe machen. In zweiten Teil von Herz und Asche greift Djacenko die Geburt des Kindes nochmals auf. Auch die Wege der anderen Figuren werden weiter verfolgt, dieses Mal vor dem Hintergrund des Einmarsches der Roten Armee. Dabei wird die Vergewaltigung Carlas ebenso thematisiert wie das stalinistische Gulagsystem. Auch spricht Djacenko über die russische Jagd auf deutsche Raketentechniker nach dem Kriegsende. Für die Kulturpolitik der SED waren dies Grenzüberschreitungen, die es unbedingt zu unterbinden galt.

Für Rückfragen: Sabine Wolf, Leiterin Literaturarchiv, Tel. 030 20057-3272, swolf@adk.de

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