21.12.2016

Käthe-Kollwitz-Preis 2017 der Akademie der Künste
geht an Katharina Sieverding

Katharina Sieverding erhält den Käthe-Kollwitz-Preis 2017. Mit der Auszeichnung ehrt die Akademie der Künste eine deutsche Künstlerin, die seit den 1960er Jahren das Zeitalter der großformatigen Fotokunst einleitete. Ihr Grundthema seit ihrer Zeit als Beuys-Schülerin ist die „Identität als Individualität und Dividualität und als kollektives Individuum“. Film und Fotografie standen von Anfang an im Hauptfokus ihres Schaffens: Close-Ups und En-Face Porträts wie der Stauffenbergblock 1969 oder Maton 1969-1972, Color-Großfotos (insbesondere ab 1975 in der Kunsthalle Düsseldorf und ab 1977 im Museum Folkwang, Essen) und seit 1973 das umfangreiche Transformer-Projekt in monumentalen raumbezogenen Multi-Channel-Projektionen oder Fotoserien von mehrfach übereinander geschichteten, re-fotografierten weiblichen und männlichen Ektachrome-Porträts aus der Arbeit Motorkamera 1973-74. 

Die Juroren und Akademie-Mitglieder Jochen Gerz, Karin Sander und Klaus Staeck heben besonders hervor, dass Katharina Sieverding grundsätzliche Fragen zu den künstlerischen, politischen und gesellschaftlichen Bedingungen für Produktionsprozesse und die Rezeption der Kunst stellt. Sie vereint in ihrem Œuvre Aspekte des Archivierens und des kulturellen Gedächtnisses, Selbstreflexion, das Politische, die Provokation, das Analytische sowie den Einfluss der Massenmedien und neuester Technologien auf das Individuum. Ihr kreativer Umgang mit dem Politischen, nicht zitieren, benutzen, sondern „politisch schaffen“ zeichnet sie als Käthe-Kollwitz-Preisträgerin 2017 besonders aus.

Katharina Sieverding, in Prag geboren, lebt und arbeitet in Düsseldorf. Nach einem vorzeitig beendeten Medizinstudium studierte sie zunächst an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg und arbeitete parallel als Assistentin von Fritz Kortner am Deutschen Schauspielhaus. Nach ihrem Wechsel an die Düsseldorfer Kunstakademie besuchte sie die Bühnenbildklasse von Teo Otto von 1964 bis 1967, wechselte dann zu Joseph Beuys bis 1971 und beendete ihr Studium 1974 in der Filmklasse von Ole John Poulsen. Sieverding wurde einer feministischen Kunstszene zugeordnet, erweiterte den Differenzfeminismus jedoch stetig mit dem ihr wichtigen „Transgenderaspekt“. Sie nahm eine deutliche Sonderstellung ein und betonte eine „mediale Konstruktion der künstlerischen Imago“. Von 1992-2010 engagierte sie sich an der Universität der Künste Berlin für den von ihr gegründeten Studiengang Visual Culture Studies im Teamteaching mit Klaus Biesenbach, Sabeth Buchmann und Katja Diefenbach. Im Deutschen Pavillon auf der Biennale in Venedig 1997 stellte sie ein eigens für diesen Kontext erarbeitetes Statement zum Diskurs „Biopolitik“ vor: Steigbilder I-IX, 1997. Ihre internationalen Ausstellungsbeteiligungen umfassen u.a. die Biennale in Paris (1965, 1973), die Kasseler documenta 5, 6, 7 (1972, 1977, 1982), die Biennale in Venedig (1976, 1980, 1995, 1997, 1999), die Biennale in Sydney (1982), die Shanghai Biennale (2002) und Busan Biennale, Südkorea (2016). 2006 war sie bei „40jahrevideokunst.de“ in der Kunsthalle Bremen vertreten. 2004 erhielt sie den Goslarer Kaiserring.

Die mit 12.000 Euro dotierte Auszeichnung wird im Juli 2017 in Berlin verliehen. Anlässlich der Preisvergabe zeigt die Akademie eine Ausstellung mit ausgewählten Arbeiten von Katharina Sieverding, die seit den späten 1960er Jahren entstanden sind. 
Der Käthe-Kollwitz-Preis wird jährlich an einen bildenden Künstler vergeben. Preisträger waren u.a. Edmund Kuppel (2016), Bernard Frize (2015), Corinne Wasmuht (2014), Eran Schaerf (2013), Douglas Gordon (2012), Janet Cardiff & George Bures Miller (2011), Mona Hatoum (2010) und Ulrike Grossarth (2009).

Der Preis, die Ausstellung und der Katalog werden seit nunmehr 25 Jahren mitfinanziert von der Kreissparkasse Köln, Trägerin des Käthe Kollwitz Museum Köln. Anlässlich dieses Jubiläums und des 150. Geburtstages der Namensgeberin am 8. Juli 2017 wird die Akademie der Künste in Kooperation mit dem Käthe Kollwitz Museum Köln die Ausstellung „Käthe Kollwitz – weiterdenken“ in Köln zeigen. Zu sehen sind ab dem 28. September 2017 eine Auswahl von Arbeiten ehemaliger Preisträgerinnen und Preisträger von 1960 bis heute.