5.6.2023

Restitution eines Skizzenbuches von Max Liebermann

Einvernehmliche Einigung der Akademie der Künste und der Erbinnen von Max und Martha Liebermann auf Rückübertragung eines Werkes

Ein Skizzenbuch von Max Liebermann (1847–1935) aus der Kunstsammlung der Akademie der Künste mit Zeichnungen von Gartenlokalen am Wannsee wird am 5. Juni 2023 an die Nachfahrinnen des Künstlers restituiert. Ihrem freundlichen Entgegenkommen ist es zu verdanken, dass das Skizzenbuch im Anschluss gegen Zahlung einer Entschädigungssumme wiedererworben werden kann.
Bei Provenienzrecherchen in der Kunstsammlung wurde entdeckt, dass der Innendeckel des Skizzenbuches einen Nachlassstempel mit der faksimilierten Unterschrift Max Liebermanns enthält. Es wurde 2005 auf einer Versteigerung eines Münchener Auktionshauses erworben. Nach Liebermanns Tod am 8. Februar 1935 versah seine Witwe Martha Liebermann alle nicht signierten Werke des Künstlers mit diesem Stempel. Das Skizzenbuch, das auf Anfang der 1930er-Jahre datiert wird, befand sich somit nachweislich im Jahr 1935 bei Martha Liebermann.

Die Akademie der Künste fühlt sich in besonderem Maße dem Erbe Max Liebermanns verbunden. Als Präsident der Preußischen Akademie der Künste zu Berlin öffnete er nach 1920 die Institution für die Moderne und machte sie zu einer wichtigen Stimme für Kunst und Kultur in der Weimarer Republik. Diese politische Ausrichtung wirkt bis heute nach.
Die Preußische Akademie der Künste ließ sich 1933 ohne nennenswerte Gegenwehr von den Nationalsozialisten gleichschalten. Liebermann sah sich ein halbes Jahr nach seiner Ernennung zum Ehrenpräsidenten genötigt, im Mai 1933 öffentlich seinen Austritt zu erklären und so dem Ausschluss zuvorzukommen. Die Witwe Martha Liebermann zog im Herbst 1935 aus dem Haus am Pariser Platz in eine Wohnung in der heutigen Hiroshimastraße im Ortsteil Tiergarten und war gezwungen, ihr gesamtes Vermögen abzugeben. Ihre Tochter emigrierte 1938 mit ihrer Familie  in die USA. Im Jahr 1943 sollte Martha in das Ghetto Theresienstadt deportiert werden und nahm sich kurz zuvor das Leben. Ihre Wohnung wurde 1943 von der Gestapo versiegelt und das Inventar mitsamt der Kunstsammlung auf Beschlagnahmelisten erfasst, darunter auch „3 Skizzenbücher“.

Ob sich das vorliegende Skizzenbuch zu diesem Zeitpunkt noch in ihrem Eigentum befand, ist ungeklärt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass Martha Liebermann es zwischen 1935 und 1943 unter dem Druck der nationalsozialistischen Verfolgung abgeben musste. Für die Akademie der Künste ist es wichtig, mit dieser Restitution einen Beitrag zur Anerkennung des damals entstandenen Unrechts zu leisten.
Das Skizzenbuch stand bis zum 22. Januar 2023 im Mittelpunkt der Ausstellung „Spurensicherung. Die Geschichte(n) hinter den Werken“, in der sich das Archiv der Akademie in den Sälen am Pariser Platz den Themenfeldern der Provenienzforschung und der Institutionsgeschichte widmete.

Für Rückfragen:
Werner Heegewaldt, Direktor des Archivs, Tel. 030 20057–3101, archivdirektion@adk.de
Doris Kachel, Provenienzforschung, Tel. 030 200 57–4036, kachel@adk.de