Schülerprojekte

100 Schüler - 10 Mitglieder

4. Februar 2009 -- Begegnung mit Karla Kowalski und Schülern der Polytechnischen Schule Graz im Architekturbüro

„Man baut für die Seele des Menschen“

10 Schüler/innen der 9. Schulstufe der Polytechnischen Schule Graz bekamen die Möglichkeit, die Arbeit von Karla Kowalski – Architektin und Bildende Künstlerin – und das Team in ihrem Grazer Büro kennen zu lernen. Pläne und Zeichnungen an den Wänden sowie Baumodelle dokumentierten die Arbeit an einem gerade abgeschlossenen Projekt. Entwürfe, Skizzen und Fotos von verschiedenen Bauphasen machten frühere Bauprojekte erfahrbar: ein Einfamilienhaus im Burgenland, die Steirmärkische Sparkasse, Grazer Tiefgaragen, das Kaufhaus Kastner und Öhler. Die Schüler waren beeindruckt davon, wie viele Gebäude in ihrer Stadt von Karla Kowalski erdacht wurden und wollten Genaueres wissen.


Was ist die Aufgabe eines Architekten?
Architekten müssen sich sehr mit den Menschen beschäftigen, was man vielleicht gar nicht so erwarten würde. Es ist eine Frage, wie man andere Menschen versteht und was man Ihnen Gutes tun kann. Man baut für die Menschen, die Städte und die Umgebung, in denen sie wohnen. Man baut für die Seele der Menschen.

Wie wissen Sie, was die Menschen von Ihnen wollen?
Wir treffen uns meistens vorher mit dem Kunden, um ihn kennen zu lernen und zu verstehen, welche Prägungen er hat und welches Lebensgefühl er vermittelt haben möchte. Ein Kunde von uns wollte zum Beispiel ein Haus, dass er so noch nie seinem Leben gesehen hatte. Das Haus sollte ihn an nichts in der Vergangenheit erinnern, sondern in die Zukunft zeigen. Als er den ersten Entwurf von uns sah, war das wie ein Schock für ihn. Aber wir hatten es geschafft – wir hatten ihm etwas gezeigt, das er noch nie in seinem Leben gesehen hatte.

Wie kommt Ihnen die Idee zu einem Entwurf?
Meistens habe ich ein Foto davon, wie das Gebäude jetzt aussieht und der erste Schritt ist, sich das Vorhandene wegzudenken. Dann muss man die Qualitäten, das Kapital erkennen, das sich in der Umgebung befindet, zum Beispiel, ob es Mauern, Türme, Hänge gibt. Ich führe die Strukturen weiter, die schon vorhanden sind und ordne die Sachzwänge unter. Dann muss ich aufpassen, dass ich nicht zu schnell den ersten Strich mache, denn von dem ersten Entwurf kommt man nicht wieder los und es dauert doppelt so lange, eine Alternative zu finden. Die Zeichnungen fertige ich alle per Hand und mit Filzstiften an. Bei der ersten Skizze merkt man dann auch gleich, wenn etwas nicht stimmt. Ein gutes Bild dauert bestimmt zwei Wochen.

Wie funktioniert die Bezahlung?
Wir werden genau nach Leistung bezahlt, aber es geht auch ein bisschen nach der gesamten Bausumme. Für Wettbewerbe allerdings, für die wir wochenlang an den Entwürfen sitzen, bekommen wir nichts. Entweder man gewinnt und bekommt den Auftrag oder man verdient nichts.

Sind Architekten Künstler?
Die künstlerische Auffassung von alldem, was man macht, kann einem letztlich das Leben retten. Das klingt dramatisch, ist es aber nicht. Es ist ein Ausweg aus so vielen Schwierigkeiten im Leben. Wenn man nicht nur für andere Leute etwas Schönes erfinden kann, sondern letztlich auch für sich selbst – so sehe ich die Architektur. Wenn sich jemand einen Zugang dazu bewahrt oder sich erarbeitet, ist das nur von Vorteil. Das kann in der Musik, in der Bildenden Kunst oder Architektur sein. Wenn man einen Beruf ausübt, der über den täglichen Kram hinaus geht und einen Sinn ergibt, finde ich das toll! Man muss diesen Beruf „erwischen“.

Artikel SCHULE, Ausgabe März 2009, S. 4-5