Schülerprojekte

100 Schüler - 10 Mitglieder

20. Mai 2009 -- Thomas Florschuetz und Schüler des Georg-Herwegh-Gymnasiums Berlin-Hermsdorf im Atelier

„Man muss an das glauben, was man tut.“


Thomas Florschuetz - Fotograf und Bildender Künstler - war 2009 mit seiner Werkgruppe Belgravia 10 in der Ausstellung aus/gezeichnet/zeichnen der Akademie der Künste vertreten. Mit dem Kunstkurs des Georg-Herwegh-Gymnasiums diskutierte er in seinem geräumigen Atelier über die Wirkung seiner Bilder auf den Betrachter und die Möglichkeiten der Abstraktion und Verfremdung, insbesondere im Medium Fotografie.

Dinge können ganz unterschiedlich in der Darstellung sein
Ausschnitt, Oberflächenstruktur - letztendlich ist alles eine Darstellung des Gegenstandes; es geht dann darum herauszufinden, was im Rahmen eines Mediums alles möglich ist. Was fällt in die Abbildungskriterien dieses Mediums? Wann fängt es an, etwas anderes zu sein? Welchen Ausschnitt nehme ich eigentlich wahr? Jeden Moment sehe ich einen Ausschnitt von etwas, auch wenn ich nicht durch eine Kamera gucke. Wir treffen jede Sekunde die Entscheidung dazu.

Befragung des fotografischen Bildes
Meine Fotografie ist eine ganz grundlegende Befragung des fotografischen Bildes. Kann ich dem trauen, was ich sehe? Welchen Wahrheitsgehalt hat das, was ich sehe? Wir sind so stark geprägt durch unsere Umwelt und unseren Umgang mit Bildern in Fernsehen, Film und Internet, dass man diesen Medien ein sehr blindes Vertrauen entgegen bringt. Diese Überlegung steckte auch schon in den allerersten Körperbildern der 80er Jahre. Den Körper aus seinem alten Kontext herauszulösen und in einen neuen Kontext zu stellen, zu dekonstruieren.


Wie sind Sie auf die Idee gekommen, ihren eigenen Finger mit rotem Hintergrund zu fotografieren?
Die Körperbilder sind Mitte der 80er Jahre nach ganz langer Beschäftigung mit diesem Thema entstanden. Am Anfang konnte man noch ganze Gesichtshälften und Hände sehen. Es gab die grundlegende Entscheidung, mit meinem Körper, mit mir als verfügbarem Material zu arbeiten. Dann kamen die Fragen nach Dekonstruktion der Bilder, nach der Reduzierbarkeit bis zur totalen Unkenntlichkeit, so dass man nur noch ahnen konnte, welcher Körperteil das war. Mich interessiert, dass die Bilder einen starken physischen, sensuellen Eindruck im Raum hinterlassen und der Betrachter sich provoziert fühlt, sich damit auseinanderzusetzen, selbst Fragen zu stellen.

War das für Sie ein komisches Gefühl Ihre Füße öffentlich ausgestellt zu sehen?
Eigentlich nicht, weil man sich auf einer anderen Ebene damit identifiziert. Man ist nicht mehr man selbst, sondern das Material, das Subjekt und durch die Art und Weise, wie meine Füße dargestellt werden, erfahren sie ja auch eine ganz bestimmte Art der Entfremdung. Sie werden vergrößert, monumentalisiert, fast wie eine Skulptur. Ich weiß, dass ich es bin und es macht mir nichts aus. Ich begreife das eher abstrakt und vor dem Hintergrund, dass ich damit etwas erreichen will.

Warum haben Sie kein Modell genommen?
Das war eine grundlegende Überlegung von Anfang an. Mir ging es um eine größtmögliche Authentizität. Alles, was ich mit einer anderen Person mache, muss ich in Abstimmung und Übereinstimmung mit dem Anderen machen. Ich bin mir sozusagen selbst der Nächste.

Wie reagieren die Betrachter in der Konfrontation mit ihren Bildern?
Es gibt alle möglichen Reaktionen, zum Beispiel, dass meine Bilder „monströs“ seien. Die dargestellten Gegenstände erfahren eine Transformation, die dazu führt, dass die Leute wiederum andere Dinge darin sehen. Kunst ist immer zuallererst eine Konfrontation mit sich selbst und wenn man in die Öffentlichkeit geht, mit denjenigen, die es sehen. Eine weitere wichtige Idee ist, dass der Betrachter in der Lage ist, sich damit auseinander zu setzen, dass er damit kommunizieren kann, in einen Dialog treten kann, in eine persönliche Zwiesprache mit dem Raum treten kann.

Wie wird man ein anerkannter Künstler?
Man muss Geduld haben. Man muss arbeiten, bis man selbst das Gefühl hat, „Das ist es, was ich will.“ Da kann man gar nicht viel machen; da hilft nur weiterarbeiten, zu analysieren, was man gemacht hat, mit Leuten darüber zu sprechen. Es ist wichtig, dass man sich einige Leute sucht, denen man vertraut, mit denen man darüber sprechen kann und die einem selber Anregungen geben können.

...und das sagen die Schüler...

- Im Unterricht ist man davon ausgegangen, dass er sich zu jedem Bild etwas gedacht hat. Heute hat er selbst gesagt, dass manche Bilder einfach per Zufall entstehen. Er hat einfach angefangen, etwas mit dem Bild zu machen, zum Beispiel mit anderen Bildern zu kombinieren und daraus ist dann etwas entstanden.

- Ich fand es gut, die Werke in echt zu sehen. Es war interessant zu sehen, welche Bilder noch zu einer Reihe gehörten. Je mehr man von einer Reihe sieht, desto klarer wird es.

- Die Begegnung ist wie ein kleiner Prozess, in dem man etwas Neues kennenlernt, etwas Neues entdeckt. Die Bilder von Thomas Florschuetz sind so verfremdet und abstrakt - man müsste sich beim eigenen Zeichnen mehr von dem punktgenauen Abbilden und Abzeichnen lösen.

- Man hat erkannt, dass alles von dem gleichen Künstler ist, die eigene Idee, den eigenen Stil hat man gesehen.

Fotos: Miriam Papastefanou