Einar Schleef
Kontaktbögen


5. Februar bis 2. April 2006
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Text zur Ausstellung

Einar Schleef (1944-2001) hat im Herbst 1999 das Konzept für eine Foto-Ausstellung in der Akademie der Künste vorgelegt. Seine ursprüngliche Intention, sie in den Ausstellungshallen in der Akademie der Künste am Hanseatenweg zu realisieren, wurde zugunsten der Rückkehr Einar Schleefs in den entstehenden Neubau am Pariser Platz aufgegeben. Die Rückkehr impliziert zweierlei: Einar Schleef war zum einen bei Karl von Appen Meisterschüler und mit den baulichen Überresten der ehemals Preußischen Akademie der Künste gut vertraut. Unter der Präsidentschaft von Heiner Müller fand zum anderen 1992 am selben Ort in der damaligen Ostberliner Akademie der Künste der Teil „Waffenstillstand“ seiner Ausstellung „Republikflucht Waffenstillstand Heimkehr“ statt.

Neu gegenüber bisherigen eigenen Ausstellungskonzepten ist die Konzentration auf seine fotografischen Arbeiten bei gleichzeitigem Verzicht auf Malerei, Texte und Bühnenwerke. Nach seinem plötzlichen Tod 2001 erzwingt dieses Konzept einmal mehr den Blick auf das Biografische und auf deutsch-deutsche Geschichte. Ursprünglich gedacht als Bestandsaufnahme in der Lebensmitte wird nun ein fotografisches (Lebens-)Werk parallel zu den im Suhrkamp-Verlag erscheinenden Tagbüchern und dem monumentalen Roman „Gertrud“ vorgelegt. Die Fotos – das Archiv zählt weit über 7000 Abzüge und über 600 Kontaktbögen –, zumeist schwarz-weiß, den technischen Möglichkeiten folgend, später auch in Farbe, geben Zeugnis von dem, was Einar Schleef im Alltag suchte, untersuchte, beobachtete, selektierte und experimentell neu zusammensetzte. Die Kontaktbögen „lesen“ sich wie ein Ergänzungsband zu den Tagebüchern. Es ist kein Zufall, dass Einar Schleef die Foto-Ausstellung parallel zu seiner Arbeit an deren Herausgabe skizzierte. Beim Betrachten mancher Bögen drängen sich seine Sprache, deren Rhythmus, Romanfetzen aus „Gertrud“ wie auch seine ihm eigene Maßlosigkeit auf und erinnern an Villem Flusser: „Die Texte erklären zwar die Bilder, um sie wegzuerklären, aber die Bilder illustrieren auch die Texte, um sie vorstellbar zu machen.“  Schleefs Fotos haben nicht selten den Charakter von Standfotos aus Dokumentarfilmen, sie sind ungeschminkt, rau und niemals arrangiert – fast beiläufig.

Einar Schleef, bisher immer selbst Gestalter der Räume seiner Ausstellungen, hat eine erste Skizze hinterlassen mit thematischen Orientierungen. Die von ihm vorgeschlagenen Titelvarianten verweisen deutlich auf den biografischen Aspekt: „Kontaktbögen“, Tagebuch-Kontakt“ oder „Foto Biografie in Bildern“. Beginnend mit den Fotos zu
Die Nachbarn 1965 breitet er ein Spektrum ihm bedeutender Lebensstationen und Themen aus wie Sangerhausen, Berlin, Frankfurt am Main, Städte USA und Spanien, Dänemark und Tod.  So unzählig die Fotos, so unzählig  sind die Blick- und Gesichtspunkte wie auch die interpretatorischen Möglichkeiten. Die Ausstellung vermittelt über Biografisches hinaus, Aspekte des alltäglichen Lebens und der alltäglichen Kultur und erzählt „nebenher“ deutsch-deutsche Geschichte. Daß Einar Schleef die Ausstellung nicht selbst in die Hand nehmen und gestalten konnte, ist ein großer Verlust. Glück ist die Hinterlassenschaft seines Konzepts, dem die Ausstellung bis auf kleine Ausnahmen konsequent folgt. Dort, wo es sich anbietet, wird gezeigt, wie Einar Schleef mit seinem (Foto-)Material gearbeitet hat, zum Beispiel bei Die Nachbarn (Leporellos) sowie Frankfurt/U-Bahn (Serie aus der Ausstellung von 1992).
In einem Exkurs zur Ausstellung vermittelt der international renommierte Fotograf Arno Fischer mit Entdeckungen im fotografischen Werk des einstigen Schülers seinen eigenen Blick auf dessen Fotos.

Regine Herrmann