Nachbilder / Tagung in Zusammenarbeit mit der Freien Unversität Berlin

10./11.10.
Hanseatenweg
Nachbilder. Sichtbarkeiten des Augenlichts
Nachbilder zählen zu den optischen Phänomenen, mit denen das Sehen sich selbst in den Blick nimmt. Der ungeschützte Blick in die Sonne galt darum weniger der Wahrnehmung des Planeten, als jenen Lichteffekten, die sich den Augen anschließend darboten. Besonders das 19. Jahrhundert war der Schauplatz einer Fülle solcher visuellen Ereignisse, die in ihrer Einzigartigkeit und Fragilität mit den Wahrnehmungsorganen, die sie hervorbrachten, wieder verschwanden. Wissenschaftler, Künstler und Denker traktierten ihre Augen, um ihren Körper nicht als Empfänger, sondern als Erzeuger von Lichtphänomenen zu erfahren. Wenn diese Praxis mitunter zum Erblinden führte, dann ist darin nur die äußerste Konsequenz einer Wendung des Augenlichtes auf sich selbst angegeben. Mit der ungehemmten Produktion von Nachbildern bricht die Differenz von innerer und äußerer Sensation zusammen. Wie Goethes Farbenlehre prominent formuliert steht die Identität von Subjekt und Objekt in Frage. Was aber impliziert dieser Zusammenbruch für die künstlerische wie wissenschaftliche Erfassung der Natur? Wie wurden die Effekte des Augenlichtes in die Darstellung der Dinge eingeschrieben?
Wo das Auge nicht mehr passive Linse, sondern Projektionsapparat für Lichtphänomene ist, da verändert sich auch das Bild der Wirklichkeit. Während eine physiologische Optik sich über das Organ der Wahrnehmung beugt, beginnen Künstler in die Wiedergabe der Natur die Physiologie ihrer Augen einzutragen. Die Wahrheit in der Malerei ist nicht mehr ohne die Aufzeichnung jener ephemeren Erscheinungen zu haben, welche der Wahrnehmungsapparat in die Welt projiziert.
Die Tagung möchte die bildgeschichtliche Relevanz der Eigenaktivität des Auges nicht zuletzt anlässlich der Wiederkehr des Nachbilds in der neueren Kunst befragen. Mit den Lichtinstallationen von James Turrell oder Olafur Eliasson rückt die Subjektivität der menschlichen Wahrnehmung und ihre ephemere Bildproduktion erneut ins Zentrum der künstlerischen Aufmerksamkeit. Wenn das visuelle Ereignis von der je spezifischen Physiologie des Auges abhängt, dann stellt sich auch die Frage nach dem generativen Potenzial ästhetischer Erfahrung.
Konzeption: Werner Busch, Carolin Meister
Informationen unter www.sfb626.de


James Turrell
Ganzfeld
Yorkshire Sculpture Park, 2005


10.10. Freitag
Hanseatenweg, Clubraum
Nachbilder. Sichtbarkeiten des Augenlichts
Tagung, Freie Universität Berlin, SFB 626
14 Uhr Einführung: Werner Busch, Carolin Meister
14.30 Uhr Vortrag Horst Bredekamp: Augenschmerzen. Über das Risiko der frühen Sonnenforschung
15.30 Uhr Vortrag Ulrike Boskamp: Nachbilder, nicht komplementär
17 Uhr Vortrag Peter Bexte: Ewige Nachbilder. Die Augenlider des Regulus
18 Uhr Rundgang durch die Ausstellung „Notation“ mit Angela Lammert
Teilnahme kostenlos, Anmeldung nicht erforderlich

11.10. Sonnabend
Hanseatenweg, Clubraum
Nachbilder. Sichtbarkeiten des Augenlichts
Tagung, Freie Universität Berlin, SFB 626
10 Uhr Vortrag Jürgen Daiber: Romantische Selbstexperimente: Die optischen Versuche Johann Wilhelm Ritters
11 Uhr Vortrag Erna Fiorentini: Gedächtnis des Gesichtssinnes. Jan Evangelista Purkyně und das Sehen als imaginativer Raum
12.30 Uhr Vortrag John Gage: Flying Colours. Goethe and the Look of Paintings
14.30 Uhr Vortrag Michael Zimmermann: Nach-denk-Bilder: Farbkreisen bei Delaunay und Duchamp
15.30 Uhr Vortrag Hans-Christian von Herrmann: ’The Charge of the Light Brigade’. Zur ästhetischen Adressierung des Auges bei Bela Julesz und James Turrell
17 Uhr Vortrag Dario Gamboni: Flowers – or Phosphenes? Gaugin and the Mental Image
Teilnahme kostenlos, Anmeldung nicht erforderlich