Veranstaltungen

9.7. Do 20 Uhr; Eintritt frei
Pariser Platz 4, Plenarsaal
'89: Die Rolle der Bilder
28. Akademie-Gespräch

Bilder – solche des Films und der Fotografie mehr noch als solche der Bildenden Kunst – haben in der DDR die Realität des „realen Sozialismus“ gezeigt. Sie waren erkennbar und sehr oft frei von metaphorischen Verschlüsselungen. War also der „pictorial turn“ eine Erfindung des Ostens, um die Ideologien der kanonisierten Texte zu unterlaufen und eine Basis einer sozialen Verständigung zu begründen, die sich den Mechanismen der Sprachzensur entziehen konnte? Oder waren die Bilder
ein Nischenphänomen, das seine Wirkungsmacht erst offenbarte, als die Schranken gefallen waren? Wer konnte wo welche Bilder sehen? Und wer hat sie wovon gemacht? Über die Rolle und das hintergründige Spiel der Bilder mit dem wortegläubigen System in der Inkubationszeit der Wende diskutieren: Sabine Vogel Journalistin, Matthias Flügge Kunsthistoriker, Publizist, Mitglied der Akademie der Künste, Enno Kaufhold Freier Fotohistoriker, Helke Misselwitz Filmregisseurin, Mitglied der Akademie der Künste, und Klaus Staeck Präsident der Akademie der
Künste.

14.7. Di 20 Uhr; € 5/3
Pariser Platz, Plenarsaal
„Die Nacht, in der die Mauer fiel"
Autoren erzählen vom 9. November 1989

Lesung und Gespräch mit Marcel Beyer, Katja Lange-Müller und Thomas Rosenlöcher
Einführung und Moderation Renatus Deckert
Obwohl der 9. Oktober 1989 mit der großen Demonstration in Leipzig das vielleicht wichtigere Datum für die friedliche Revolution war, ging der 9. November mit der Öffnung der Grenzen und dem Fall der Mauer als das markanteste Datum des Herbstes 1989 in die Geschichte ein. Renatus Deckert hat für seine im Suhrkamp Verlag erschienene Anthologie „Die Nacht, in der die Mauer fiel“ 25 Autoren aus Ost und West eingeladen, in persönlichen Texten zu erzählen, was sie in dieser Nacht erlebten und wie sie sich heute daran erinnern. Drei Autoren werden an diesem Abend
darüber sprechen: Thomas Rosenlöcher, der in Dresden auf die Straße ging und die Vorgänge in einem Tagebuch protokollierte, Katja Lange-Müller, die 1984 aus der DDR ausgereist war und von ihrer Vergangenheit wieder eingeholt wurde, und Marcel Beyer, der bis zur Wende nie in der DDR gewesen war und 1996 von Köln nach Dresden zog.

29.8. Sa 18-2 Uhr; € 15/10
Pariser Platz, ganzes Haus, im Vorverkauf € 12/8, am Veranstaltungstag
Lange Nacht der Museen
Während der 25. Langen Nacht der Museen haben die Besucher Gelegenheit, die Ausstellung „Übergangsgesellschaft. Porträts und Szenen 1980-1990“ mit Künstlergesprächen zu erleben:
19.30 Uhr Gundula Schulze-Eldowy
20.30 Uhr Kurt Buchwald
21.30 Uhr Angela Fensch
Filme zu dieser Zeit von den Akademie-Mitgliedern Jürgen Böttcher, Andreas Dresen, Hans-Dieter Grabe, Volker Koepp, Jochen Kuhn, Helke Misselwitz und Helga Reidemeister sind im Filmkabinett zu sehen. Einen Einblick in die Vereinigung der beiden Akademien vermittelt die Webpräsentation „Akademiestreit“ des Archivs, eine Vitrinenpräsentation zeigt Dokumente zum Theater in der Wende.
Auch die Clubebene mit Bar ist in dieser Nacht wieder für das Publikum zugänglich. Dort ist Live-Musik zu hören: Ulrich Gumpert (Piano) und Dietmar Diesner (Saxophon) spielen um 22.30 Uhr und um 23.30 Uhr ihr Programm „Reflexionen“.
Die Buchhandlung Fürst & Iven und das Bistro Sarah Wiener sind geöffnet.

16.9. Mi 20 Uhr; € 5/3
Hanseatenweg, Clubraum
Hans-Hendrik Grimmling
„Die Umerziehung der Vögel. Ein Malerleben“

Archiveröffnung, Lesung, Buchpräsentation
Vom Fliegen, vom Aufsteigen, Abstürzen und vom Umherziehen erzählt der ehemalige Leipziger Maler Hans-Hendrik Grimmling in seiner Autobiografie, aus der er am 16. September in der Akademie der Künste lesen wird und damit gleichzeitig sein Archiv der öffentlichen Nutzung zur Verfügung steht. Er wird Auskunft geben über sein Grenzgängerleben, zwischen Auflehnung und Anpassung, Enttäuschung und Selbstzweifel in Ost und West. Über sein ostdeutsches Malerleben zwischen allen Stühlen und der Illusion von einer besseren Gesellschaft, mit dem eigenwilligen, überraschenden Blick eines unangepassten Künstlers mit aufbegehrendem Temperament und intellektueller Unruhe. Er schildert seine ersten Malversuche, in denen sich bereits das „Verhängnis Kunst“ andeutet und er sich später mit dunklen, bestürzenden Vogelmetaphern von den Realismen der „Leipziger Schule“ abwendet. Er beschreibt die gnadenlose Zerstörung der sächsischen Region durch den Braunkohlebergbau, der Schwarz in vielen Schattierungen zur alles beherrschenden Farbe seiner Kunst werden lässt. So wird ihn die „Schwarze-Mann-Figur“ des „Mumanz“ in seinen Texten und Bildern ebenso begleiten wie ineinander verknotete, gestürzte, eingesperrte und gequälte Menschen mit schwarzen Flügeln präsent sind.
Im Mittelpunkt des Grimmling-Archivs steht der 1984 an allen staatlichen Institutionen vorbei geplante und durchgeführte „1. Leipziger Herbstsalon“ im Leipziger Messehaus am Markt, durch den er den Unmut staatlicher Organe zu spüren bekommt. Als Konsequenz und Folge reist er 1986 nach West-Berlin aus, wo er sich wie ein „nasser Vogel fühlt, der in die Mauer fällt“. Der Westteil Berlins ist für ihn ein exotischer „Käfig ohne Deckel, oben offen, so dass ihn die Flugzeuge verließen wie die Vögel“.
Seit 2005 übernimmt das Archiv der Akademie der Künste kontinuierlich Materialien des Künstlers. Vor allem zum „Leipziger Herbstsalon“, aber ebenso Briefe, Kataloge, Plakate und aktuell das Manuskript seiner Biographie. Mit Hans-Hendrik Grimmlings Lesung am 16. September wird sein Archiv in der Akademie der Künste eröffnet.

24.9. Do 20 Uhr; € 5/3
Pariser Platz 4, Plenarsaal
Ich war Arbeiter und Schriftsteller … – der Dichter Wolfgang Hilbig
Archiveröffnung, Buchpräsentation „Erzählungen und Kurzprosa“ der Werkausgabe

Lesung und Gespräch mit Volker Braun, Jürgen Hosemann, Katja Lange-Müller, Ingo Schulze
„Dieser Dichter,“ – so Franz Fühmann – „der ein Arbeiter ist und mit der Wucht der Elemente wie mit der von Haar und Traum umgeht und die Würde der Gattung Mensch auch in der Latrinenlandschaft bewahrt: ein großes Kind, das mit den Meeren spielt; ein Trunkener, der Arm in Arm mit Rimbaud und Novalis aus dem Kesselhaus durch die Tagbauwüste in ein Auenholz zieht, dort Gedichte zu träumen, darin Traum und Alltag im Vers sich vereinen …“ – dieser Dichter heißt Wolfgang Hilbig, geboren am 31.8.1941 in Meuselwitz, gestorben am 2.6.2007 in Berlin.
Wolfgang Hilbig, Lyriker, Erzähler und Essayist, wächst im sächsischen Meuselwitz, im Haus des Großvaters, eines Bergmannes, auf. Die Landschaft des Braunkohlereviers prägt seine Kindheit und wird ihre Spuren im lyrischen und erzählerischen Werk des Autors hinterlassen. „Ich glaube, ich bin einer von den Schriftstellern, die ewig an einem Thema hängen und nie glauben, das Thema bewältigen zu können. Die DDR und die Landschaft um Meuselwitz werden für mich unausrottbar vorhanden sein; ich habe ja geradezu fiebrige Wurzeln in diese schwarze Erde geschlagen. Man kann nur von dem schreiben, was man selber ist, was man gerochen, gesehen, geschmeckt hat, was man durchleiden musste …“ (in: Frankfurter Rundschau, Nr. 140 vom 20. Juni 1990).
Am 24. September 2009 wird das Wolfgang-Hilbig-Archiv mit der Vorstellung des 2. Bandes der Werkausgabe „Erzählungen und Kurzprosa“ von Wolfgang Hilbig eröffnet. Katja Lange-Müller, die Verfasserin des Nachworts, spricht über die Prosa Hilbigs und dessen langjähriger Lektor Jürgen Hosemann über seine Arbeit mit Wolfgang Hilbig. Dazu lesen Volker Braun, Katja Lange-Müller und Ingo Schulze Texte aus dem vor kurzem erschienenen Band der Werkausgabe. Eine Vitrinenpräsentation dokumentiert Hilbigs Leben und Werk anhand ausgewählter Dokumente in der Reihe „Archivfenster“.

24.9.– 30.12.09, Eintritt frei
Pariser Platz, Brücke
Archivfenster: Wolfgang Hilbig

4.10. So 14-22 Uhr
Hanseatenweg 10, Studio
Geschichte von unten
„Die Kinder von Golzow“ und „Berlin – Ecke Bundesplatz“

Lebensläufe, Generationenporträts, Alltagkultur
„Die Kinder von Golzow“ von Winfried und Barbara Junge ist eine einzigartige Chronik der Lebenswirklichkeit in der DDR und dem wiedervereinigten Deutschland. Über dreißig Jahre begleiteten die Filmemacher eine ehemalige Landschulklasse aus Brandenburg und dokumentierten ihre Lebenswirklichkeiten in einer Filmserie des Defa-Dokumentarfilmstudios.
„Berlin – Ecke Bundesplatz“ von Detlev Gumm und Hans-Georg Ullrich schildert seit über zwanzig Jahren als ungewöhnliche Fernsehserie das Leben in einem Kiez des Berliner Westens. Die legendären filmischen Langzeitprojekte entstanden in unterschiedlichen Alltagskulturen, medialen Produktionsbedingungen und historischen Konstellationen. Die Veranstaltung stellt exemplarische Filme vor und diskutiert sie mit den Regisseuren und Protagonisten.

7.10. Mi 20 Uhr; € 10/5
Maxim Gorki Theater Berlin
ÜBERGANGSGESELLSCHAFT !
Themenabend. Eine Kooperation der Akademie der Künste mit dem MGT Berlin
„Die Korrektur“, Heiner Müller/Inge Müller
Gespräch mit Volker Braun, Thomas Langhoff, Armin Petras, Ursula Werner, Franz Wille und Andrea Koschwitz
„Die Übergangsgesellschaft“, Volker Braun. Fernsehaufzeichnung 1990
Am 30. März 1988 wurde Volker Brauns Theaterstück „Die Übergangsgesellschaft“ in der Regie von Thomas Langhoff am Maxim Gorki Theater uraufgeführt. Mehr als 20 Jahre später widmen das Maxim Gorki Theater und die Akademie der Künste dieser legendären Inszenierung einen Themenabend. Während landauf, landab der Ankunft zweier Staaten in einem Zustand der Einheit des politischen Systems gedacht wird, erinnern wir damit zugleich noch einmal an die Zeit des Übergangs. Eröffnet wird der Abend mit einer Szenischen Einrichtung von Heiner und Inge Müllers Theaterstück „Die Korrektur“, entstanden und uraufgeführt am Maxim Gorki Theater am 2. September 1958. Anschließend laden wir ein zu einer Diskussionsrunde mit dem langjährigen MGT-Ensemblemitglied Ursula Werner, Volker Braun, Thomas Langhoff, Armin Petras, dem heutigen Intendanten des MGT Berlin und Regisseur der „Korrektur“, und Franz Wille, Redakteur der Zeitschrift „Theater heute“. Im Anschluss an die Gesprächsrunde haben alle Nicht-Zeitzeugen und jene, die sich erinnern möchten, die Gelegenheit, Thomas Langhoffs Inszenierung „Die Übergangsgesellschaft“ via Fernsehaufzeichnung aus dem Jahr 1990 noch einmal zu erleben.

9.10. Fr 18-1 Uhr; € 12/6
Pariser Platz, ganzes Haus
Lange Künstlernacht
„Wir treten aus unseren Rollen heraus …“

Musik, Texte, Film, Gespräche von und mit Volker Braun, Reiner Bredemeyer, Gabriele Gerecke, Erhard Grosskopf, Christoph Hein, Thomas Heise, Kerstin Hensel, Nicolaus A. Huber, Thomas Irmer, Georg Kather, Volker Koepp, Wolfgang Kohlhaase, Luca Lombardi, Helke Misselwitz, Nicolaus Richter de Vroe, Thomas Rosenlöcher, Günther Rühle, Friedrich Schenker, Einar Schleef, Ingo Schulze, Andres Veiel, Martin Wuttke, u.a.
„…die Situation in unserem Land zwingt uns dazu.“
Die Bewegungskräfte der Künstler aus Ost und West haben in den 1980er Jahren aus ihrer Utopie Geschichte gemacht und zum friedlichen Aufstand 1989 in Dresden und Leipzig aufgerufen – der Drang nach einer Wiedervereinigung war nicht mehr zu stoppen.
Die Lange Künstlernacht widmet sich dieser Utopie und spürt der Atmosphäre der künstlerischen Kräfte aus den 1980er Jahren nach. In Lesungen, Gesprächen, Konzerten und Filmen treten die Akteure der friedlichen Revolution in den Dialog zwischen Ost und West, zwischen Jung und Alt.