8.5.2013, 10 Uhr

3 QUESTIONS TO …

Nadine Fecht (Berlin-Stipendiatin 2012 – Bildende Kunst)

Videostill: Nadine Fecht – close reading, 2013
Frage 1: Welche Räume braucht Kultur heute?

Heute ist wie gestern und wie morgen, was das angeht: es braucht Räume, um wie in meinem Fall die Kunst herzustellen, Räume in denen sie gezeigt wird und Räume, wo man sich trifft um drüber zu sprechen. Es braucht Räume wie die großen Museen und Bibliotheken, in denen das Wissen und die Kultur wertfrei gesammelt und allgemein zugänglich gemacht werden.

Frage 2: Befreien oder knebeln Bauten jene kulturellen Aktivitäten, die sie überhaupt erst zum Leben erweckten?

Da fällt mir spontan, als positives Beispiel, das Haus der Kulturen der Welt ein. Unter wechselnder Leitung wird die komplexe Architektur inhaltlich ebenso vielschichtig offen genutzt, wie der Bau es in der Anlage vorzugeben scheint. Es kommt mir fast so vor, als würde die Großzügigkeit und Weite der Räume, auch das Denken freier machen können. Die Staatsbibliothek ist ebenso ein Beispiel, wo man merkt wie sehr sich der Architekt mit dem, was in seinem Bau als Nutzung vorgesehen war, auseinandergesetzt hat. Auch hier ist der "geistige Raum" und die Konzentration die dieser braucht, toll in einen architektonischen   Gebäude-Raum-Komplex übersetzt worden.

Frage 3: Welchen (Stellen-)Wert hat Kultur heute noch in unserer Gesellschaft?

Die Kultur scheint mir gerade insgesamt vor einem Umbruch. Einerseits gibt es da diese totale Vermarktung und Kommerzialisierung – gerade auch von zeitgenössischer Kunst - und andererseits eine Massenkultur,  die den Namen Kultur eigentlich garnicht mehr verdient. Es gibt aber  auch zunehmend wieder Ideen und Ansätze, wie das alles neu gedacht werden kann. Kultur ist ja immernoch stark in der Gesellschaft und wird als Wert deutlich wahrgenommen und verteidigt. Was sich wirklich ändert ist die Teilhabe: je weiter unten die Leute anfangen, umso weniger haben sie von dem da oben und umso schwieriger wird es, da auch hinzukommen.


Im Mittelpunkt von Nadine Fechts Videoskulptur close reading stehen Wörter wie "angst", "backstage", "machismo" oder "bourgeois". Beispiele für Begriffe, die zwar einer bestimmten Sprache entstammen, aber in den aktiven Wortschatz anderer Sprachen so perfekt und vollständig integriert wurden, dass es umständlicher Beschreibungen bedarf, wenn man in der "Zielsprache" ohne sie auskommen will. Dabei konzentriert sich die Künstlerin auf Wörter, die emotionale, räumliche oder mentale Konzepte oder Vorstellungen ausdrücken. Der kulturelle und mentale Wandel von Gesellschaften lässt sich anhand des aneignenden Gebrauchs von Fremdworten sehr direkt und unmittelbar nachvollziehen.

Weitere Arbeiten von Nadine Fecht gibt es auf ihrer Website.