LESUNG

ELIAS CANETTI ZUM 100. GEBURTSTAG

25.8.2005
Pariser Platz

Elias Canettis Roman "Die Blendung" – 1936 zuerst erschienen und 1963 neu aufgelegt – ist ein bis heute außergewöhnliches Buch: ein Klassiker der Moderne, ebenso hoch gelobt wie wenig gelesen. Ein furioser Roman, von sprachlicher Virtuosität in der Schilderung bizarrer Gestalten und grotesker Verhältnisse, ein Roman auch von prophetischer Qualität.
Im Mittelpunkt steht der Privatgelehrte Peter Kien – "der größte Sinologe seiner Zeit" -, der völlig in der Welt seiner zahllosen Bücher lebt und jegliche Beziehung zur Wirklichkeit verloren hat. Seine langjährige Haushälterin erschleicht sein Vertrauen, und er heiratet sie. Ihr gelingt es schließlich, ihn aus seiner heimischen Bücherfestung zu vertreiben, worauf der entwurzelte Kien sich in abstruse Beziehungen verstrickt. Vor allem der Zwerg Fischerle, der sich für den größten Schachspieler der Welt hält, setzt alle kriminelle Energie darein, die Ausplünderung des hilflosen Buch-Menschen Kien zu vollenden. Dem aus Paris herbeigerufenen Bruder Kiens, einem erfolgreichen Psychiater, gelingt es, die Verhältnisse zu restaurieren und das schmarotzende Gesindel zu vertreiben. Kien aber, heimgesucht von einem makabren Tagtraum, verbrennt sich selbst auf dem Gipfel seiner Bücherberge.