AUSSTELLUNG

en face
WERNER HOFMANN
Gegenwelten und Gegenkünste

Eröffnung 9.9.2005
Ausstellung 10.9.2005-5.2.2006
Pariser Platz

Seit ich mich mit Kunstwerken beschäftige, leitet mich das ästhetisch-intellektuelle Bedürfnis, aus den Fakten die Spannungen herauszuholen, die sie als produktive Widersprüche in sich tragen. Mein erster  (Zeitungs-) Aufsatz hieß „Gegenwelt und Gegenkünste“ und handelte von der Karikatur als Protest gegen formale Normensysteme. Als Autor und Ausstellungsmacher faszinieren mich seitdem Normenverletzungen wie der Manierismus; die Subversion, die in den Trivialkünsten steckt; die den Museumskünsten anhaftende Ambivalenz aus Befreiung und Entmündigung; die Kunstmittel der Verfremdung (Gombrichs "gestörte Form"); das "entzweite Jahrhundert" (1750 bis 1830), und schließlich die Moderne unter dem Gesichtspunkt nicht eines kohärenten Projekts (Habermas), sondern als Spielfeld von Entgrenzungen, Vermischungen und Revokationen – als Schauplatz der "Gegensätze und Widersprüche", in denen Kandinsky, hellsichtiger als die Kunsthistoriker, eine neue "Harmonie" vermutete. Das könnte sich mit dem decken, was Gottfried Benn die "Integration der Ambivalenz" nannte. Diese "zwieträchtige Eintracht" macht die Moderne mehrsinnig und letztlich zu einer "ars incerta" – aufregend, rätselhaft und voller Ungewißheiten. Im Grunde geht es in jedem Kapitel der hier ausgebreiteten Lebensbilanz um den Komplex, den die Ausstellung "Kunst – was ist das?" (1977) in der Hamburger Kunsthalle darstellte.
Werner Hofmann