Notes from the Underground –
Art and Alternative Music in Eastern Europe 1968–1994

Erstmals zeigt die Ausstellung „Notes from the Underground – Art and Alternative Music in Eastern Europe 1968–1994" die engen Beziehungen zwischen alternativen Szenen der Musik und der Bildenden Kunst im Osteuropa in jener Zeit. In Abgrenzung zu staatlicher Regulierung wurden Rockmusik, Punk oder New Wave, Performance, Fashion, Musikvideos und Super-8-Filme in ihren oft improvisierten Distributionsformen zu künstlerischen Ausdrucksformen einer Gegenkultur. Zensur und Mangel führten zu einfallsreichen und oftmals ironischen Arten des Arbeitens, so agierten Künstler mit zum Teil selbst gebauten Instrumenten, nahmen eigene Songs auf Kassetten auf oder vertrieben kleine Auflagen von SamisdatZeitschriften. Dabei verliefen die Grenzen zwischen dem Offiziellen und Alternativen oft unscharf. „Underground" wurde in den jeweiligen Ländern und Jahrzehnten unterschiedlich verstanden und lässt sich auch im Nachhinein nicht verallgemeinern. Der Begriff „Underground" ist ein Paradoxon in sich und beinhaltet in seinen verscdenen Bedeutungsebenen von politischer Verfolgung und Inhaftierung bis zur Haltung gegen den Mainstream den Zündstoff des Projektes.

Fragen was von wem zu welcher Zeit in welchem Kontext als „Underground" zu verstehen ist und welche Strategien der Selbstinszenierung und kunsthistorischen Einschreibung erfolgen, zielen auf eine Differenzierung des bis heute brisanten Themas. In den liberaleren Staaten Osteuropas wie Polen und Jugoslawien gab es Plattformen für Künstler und Musiker der Neo-Avantgarde. In der Sowjetunion und der Tschechoslowakei wurden randständige Orte besetzt, an denen eine alternative Kultur entstand und verbreitet wurde. Mitglieder von Gruppen wie The Plastic People of the Universe führte der Konflikt mit den Behörden ins Gefängnis. In den 1970er Jahren wurde die Rockbühne zum Schauplatz aufwendiger Lichtshows, Requisiten und Kostüme. Modeströmungen gingen auf das Erscheinungsbild der Akteure zurück, und später in den 1980er Jahren bot das Musikvideo eine neue Plattform für den visuellen Ausdruck. Hinzu kamen Piratenprogramme, als westliche Videokameras nach Osteuropa importiert wurden. Prog, Punk oder Industrial Music waren ebenso sehr das Produkt von Bildern wie von Klang. Scheinbar unbedeutende Dinge wie der Kleidungs- und Sprachstil erwiesen sich als praktische Möglichkeiten einer deutlich sichtbaren Abgrenzung. Rock und später Punk und New Wave waren Gefühlslagen und musikalische Gattungen gleichermaßen und
wirkten insofern anregend auf Bildende Kunst, Film, Literatur und Lebensweisen.

Als eine Art musikalisches Esperanto fanden sich auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs ähnliche Phänomene. Anders als bei ihren Zwillingen in der „Underground"-Szene im Westen, die ihr Außenseitertum gern romantisch verklärten, wurde die Existenz der Kunst-Rocker im Osten häufig auf direkte und nur allzu konkrete Weise durch Formen von Zensur eingeschränkt. In der Ausstellung wird eine, durch lange Recherchen zusammengestellte, reiche Materialsammlung zu sehen sein, die von fotografischen, filmischen und akustischen Arbeiten über Bilder und Plakate bis hin zu selbstgebauten Instrumenten und Kassetten reicht. Die Ausstellung ist thematisch strukturiert, zahlreiche Arbeiten und dokumentarische Aufzeichnungen von Aufführungen werden erstmals gezeigt. Sie wird in Berlin durch Aspekte der visuellen Notation (Katalin Ladik/ehemaliges Jugoslawien) und des Einsatzes von Klangobjekten (Kaarel Kurismaa/Estland) aus den liberaleren osteuropäischen Staaten in den 1970er Jahren und durch die Betonung der Rolle der rauen im „Underground" (Else Gabriel, Cornelia Schleime/DDR) ergänzt.

Eine Ausstellung in Kooperation mit dem Muzeum Sztuki, Łódź. Kuratiert von David Crowley und Daniel Muzyczuk in Zusammenarbeit mit Angela Lammert.

 

Folgende Künstler sind vertreten: AG. Geige, Aktual, Zemira Alajbegović, Sascha Anderson, Auto-Perforations-Artisten, Andrzej Bieżan, A. E. Bizottság, Gábor Bódy, Juris Boiko, Borghesia, Włodzimierz Borowski, Frank Bretschneider, Vladislav Burda, Inguna Černova, Mikolaš Chadima, Ladislav Chocholoušek, Robert Conrad, Lechosław Czołnowski, Lutz Dammbeck, César de Ferrari, Die Gehirne, Tohm di Roes, Janusz Dziubak, else Gabriel, György Galántai, Roberts Gobziņš, Marina Gržinić & Aina Šmid, Wiktor Gutt & Waldemar Raniszewski, Jacek Januszyk, Kilhets, Tamás Király, Krzysztof Knittel, J. Kořan, Neven Korda, Bohdan Kosiński, Marko Kovačić, (E-E) Evgenij Kozlov, Jarosław Kozłowski, Gerd Kroske, Ludvík Kundera, Sergej Kuriochin, Kaarel Kurismaa, Kwiekulik, Katalin Ladik, Hardijs Lediņš, Wspólnota Leeżeć, Helge Leiberg, Yuris Lesnik, Via Lewandowsky, Robert Lippok, Ronald Lippok, Vladislav Mamishev-Monroe, Davorin Marc, Florian Merkel, Andrzej Mitan, Timur Novikov, Novye Kompository (New Composers), Ornament & Verbrechen, Włodzimierz Pawlik, Bert Papenfuß, Post Ars, Praffdata, NSRD, Petr Prokeš, Andrzej Przybielski, Józef Robakowski, Marek Rogulski, Piotr Rypson, Jan Ságl, Zorka Ságlová, Cornelia Schleime, Adam F. Sikora, Tomasz Sikorski, Sergey Solovev, Ivan Sotnikov, Cezary Staniszewski, Joanna Stingray, Tibor Szemző, Michał Tarkowski, Sviatoslav Tchekhin, The Plastic People of the Universe, Totart, Jiři Valoch, János Vető, Josef Vlček, András Wahorn, Ramona Welsh, Tomasz Wilmański, Dieter Wuschanski, János Xantus, Kryzsztof Zarębski, Ziema Mindel Würm, Zuzu-Vető.