2.5.2023, 15 Uhr
Akademie der Künste trauert um Peter Lilienthal (1927–2023)
Der Regisseur und Drehbuchautor Peter Lilienthal ist am 28. April 2023 im Alter von 95 Jahren in München gestorben. Er zählt zu den wichtigsten Stimmen des deutschen Kinos und zu den ersten Mitgliedern der 1984 gegründeten Sektion Film- und Medienkunst der Akademie der Künste (West). 1990 wurde er in die Akademie der Künste (Ost) gewählt. 1993 vereinigten sich die beiden Akademien. Von 1984 bis 1996 war Peter Lilienthal als Direktor der Sektion Film- und Medienkunst prägend für deren programmatische Ausrichtung. Vor allem die von ihm ins Leben gerufenen jährlich stattfindenden Sommerakademien waren legendär.
Geboren 1927 in Berlin, musste er mit seiner jüdischen Mutter nach Uruguay emigrieren. Er studierte zunächst Kunstgeschichte und Jura, kehrte 1954 nach Berlin (West) zurück, wo er an der Hochschule für Bildende Künste seine Studien in Richtung Malerei, Fotografie und Film fortsetzte. Seinem Kinodebüt Malatesta (1970) folgten zahlreiche national und international erfolgreiche Spiel- und Dokumentarfilme, in denen er sich, wie in Es herrscht Ruhe im Land, 1976, und Der Aufstand, 1980, immer wieder mit den politischen Verhältnissen in Lateinamerika auseinandersetzte. Für seinen Film David (1979), der das Schicksal eines jüdischen Jungen während der Nazi-Herrschaft beschreibt, erhielt er den Deutschen Filmpreis.
Wim Wenders, Mitglied der Akademie der Künste, erinnert sich:
„Du warst der einzige Deiner Art, Peter. Wir haben nie auch nur im Entferntesten jemanden wie Dich gekannt. Deine allerfreundlichsten Augen, aus denen dieser einzigartige jugendliche Schalk blitzte, die sind in unsere Leben eingegraben; Dein so friedfertiges, empathisches und herzliches Lächeln haben wir nie woanders gesehen; Deine sanfte Stimme wird immer in unseren Ohren klingen, wenn Dein Name fällt oder wir an Dich denken.
Du warst ein Wanderer zwischen allen Welten. Zwischen Südamerika, Nordamerika und Europa; zwischen einer viel älteren Generation von Filmemachern und uns Jungen vom „Neuen Deutschen Film“ – schon bei der Gründung des Filmverlags der Autoren warst Du der Elder Statesman, auf dessen wohlüberlegten Rat wir alle hörten; zwischen den Institutionen des Fernsehens und des Kinos; zwischen der Akademie der Künste und den Mitgliedern – vor allem in Deiner „Sommerakademie“; zwischen Deinen Lehraufträgen und Deinen Studenten ... Nie hast Du nur der einen Seite angehört, sondern immer beiden. Du warst immer Revolutionär, aber bist nie auftrumpfend oder gar aggressiv aufgetreten. Du hast immer vor allem zugehört. Einen aufmerksameren Zuhörer als Dich müssen wir erst einmal wieder finden.
Und wie begeisterungsfähig Du warst! Und dabei auch immer ansteckend liebevoll und überzeugend, ohne dabei je jemanden zu übergehen oder gar auszustechen. In Deiner Gegenwart gab es leidenschaftliche Diskussionen, aber nie böses Blut. In Deiner Gegenwart waren wir ohnehin andere, waren wir alle bessere Menschen. Weil Du ein solcher warst.
Ich weiß, ich spreche für viele, die bei der Nachricht von Deinem Tod erschrocken innegehalten haben, die, wo immer sie auch gerade waren, allein sein wollten mit der Erinnerung an Dich, die vor sich hin weinen wollten und den großen Verlust nur langsam haben wahr nehmen können. Du warst der einzige Deiner Art, Peter. Wir sind untröstlich.“
Die Akademie der Künste trauert um ihr Mitglied.
Jeanine Meerapfel
Präsidentin der Akademie der Künste