19.10.2020

Akademie der Künste richtet Roger-Melis-Archiv ein

Die Akademie der Künste richtet ein Roger-Melis-Archiv ein. Melis wäre morgen, am 20. Oktober 2020, 80 Jahre alt geworden. Sie ist mit dem Nachlassverwalter Dr. Matthias Bertram übereingekommen, schrittweise den künstlerischen Nachlass des Mitbegründers und Förderers der ostdeutschen Autorenfotografie zu übernehmen.
Roger Melis (1940–2009) wurde bereits in den 1960er Jahren in Ost und West als einfühlsamer Porträtist von Dichtern und Künstlern bekannt und gehörte zu den bekanntesten Modefotografen der DDR. Als freiberuflicher Bildreporter und in seiner Straßenfotografie erwies sich Melis als Wegbereiter und „Meister des ostdeutschen Fotorealismus“ (DIE ZEIT). In atmosphärisch dichten, oft symbolhaften Fotografien dokumentierte er als Chronist der DDR das Leben in Stadt und Land und schuf mit seinen Porträts von Menschen an ihrem Arbeitsplatz einen fotografischen Querschnitt durch nahezu alle Schichten der berufstätigen Bevölkerung. Sein 1986 erschienenes, weitverbreitetes Fotobuch Paris zu Fuß war der erste Bildband eines ostdeutschen Fotografen, der allein mit den Mitteln der Straßenfotografie vom Leben in einer fremden Stadt erzählte.

Das umfangreiche und sorgfältig geführte Archiv des Fotografen enthält eigenhändige Abzüge seiner bekannten Aufnahmen sowie Negative, Kontakte, Korrespondenz, Arbeitsbücher, Kalender und Datenbanken. Die Materialien erlauben die Erschließung und Datierung seiner Arbeiten, beleuchten entstehungsgeschichtliche Hintergründe und ermöglichen zugleich Einsicht in den künstlerischen und dokumentarischen Schaffensprozess des Fotografen. Außerdem geben sie exemplarisch Aufschluss über die sozialgeschichtlichen Bedingungen der Arbeit eines freiberuflichen Fotografen in der DDR.

In einem ersten Schritt übernimmt die Kunstsammlung der Akademie Künstler- und Autorenporträts von Roger Melis. Das Konvolut umfasst mehr als 900 Fotografien, zu denen mehr als 700 eigenhändige Abzüge von Roger Melis gehören. Es enthält Porträts von mehr als 500 Schriftstellern, Grafikern, Malern, Bildhauern, Fotografen und darstellenden Künstlern aus fünf Jahrzehnten, darunter umfangreiche Porträtserien von Peter Huchel, Franz Fühmann, Heiner Müller, Volker Braun, Christa Wolf, Wolf Biermann, Sarah Kirsch, Rainer Kirsch, Thomas Brasch, die in unterschiedlichen Phasen ihres Leben und Schaffens aufgenommen wurden.

Aktuell zeigt die Berliner Galerie argus fotokunst im Rahmen des Europäischen Monats der Fotografie noch bis 30. Oktober 2020 die Ausstellung „Paris zu Fuß“.

Ansprechpartner: Werner Heegewaldt, Direktor des Archivs der Akademie der Künste, archivdirektion@adk.de, Tel. 030 20057 3101