Ende dieses Monats geht Dr. Wolfgang Trautwein, Archivdirektor der Akademie der Künste, Berlin, in den Ruhestand. Dr. Birgit Jooss, bisher Leiterin des Deutschen Kunstarchivs im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg, tritt ab 01. April seine Nachfolge an.

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20.1.2015

Wechsel in der Archivdirektion der Akademie der Künste

Ende dieses Monats geht Dr. Wolfgang Trautwein, Archivdirektor der Akademie der Künste, Berlin, in den Ruhestand. Dr. Birgit Jooss, bisher Leiterin des Deutschen Kunstarchivs im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg, tritt ab 01. April seine Nachfolge an. Am 25. Januar verabschiedet die Akademie der Künste ihren langjährigen Archivdirektor mit einer Matinée und begrüßt seine Nachfolgerin.

„Dank Wolfgang Trautwein zählt das Archiv der Akademie der Künste mit weit über 1000 Künstlernachlässen, einer umfangreichen Kunstsammlung, der Bibliothek sowie der Brecht-Weigel- und der Anna-Seghers-Gedenkstätte zu den bedeutendsten interdisziplinären Archiven zur Kunst des 20. Jahrhunderts“, so Akademie-Präsident Klaus Staeck. „Durch seine unermüdliche Schatzsuche sowie sein untrügliches Gespür für Bewahrenswertes ist das Archiv für die Neugier künftiger Generationen zu einem verlässlichen Ort für das kulturelle Erbe und Gedächtnis geworden. Mit dem rechtzeitigen Beginn der Digitalisierung der umfangreichen Bestände hat er das Archiv zukunftsfähig gemacht. Wir haben mit Birgit Jooss eine Nachfolgerin gefunden, die diese Tradition sicher erfolgreich fortsetzen wird.“

Wolfgang Trautwein wurde nach seiner Tätigkeit als Wissenschaftlicher Assistent an der TU Berlin, als Geschäftsführer des Literarischen Colloquiums Berlin und Sekretär der Abteilung Literatur an der Akademie der Künste im Mai 1986 Archivdirektor der Westberliner Akademie. Seit 1993 leitet er das Archiv der vereinigten Akademie der Künste. Unter der Präsidentschaft von Walter Jens betrieb er maßgeblich die Vereinigung der Archive der Akademien aus Ost und West, bei der der große Mitarbeiterstamm des Ost-Archivs übernommen werden konnte, und führte umgehend die auf 16 Standorte verteilten Bestände aus Ost und West zusammen. Auf dieser Grundlage baute er ein – in dieser Art im deutschen Sprachraum einmaliges – multidisziplinäres Archiv aus, in dem die Abteilungen Baukunst, Bildende Kunst, Musik, Literatur, Darstellende Kunst sowie Film- und Medienkunst gleichberechtigt vertreten sind. Zugleich formte er die Sammelschwerpunkte zu Mitgliedern der Akademie, zu Berlin seit 1900, zum Exil während des Nationalsozialismus, zu Kunst und Kultur der DDR, zu Künstlervereinigungen und -verbänden.

Das vereinigte Archiv wurde seit 1993 vom Bund kofinanziert; seit 2006 befindet sich die Akademie mit ihrem Archiv in der Trägerschaft des Bundes. In Trautweins Amtszeit wuchs das Archiv um ca. 750 Einzelbestände auf heute etwa 1200; unter seiner Leitung wurden die Archive von Walter Benjamin, Elisabeth Bergner, Paul Dessau, Hanns Eisler, Walter Felsenstein, Achim Freyer, Götz Friedrich, Michael Gielen, Günter Grass, HAP Grieshaber, George Grosz, Johannes Heesters, Helmut Heißenbüttel, Werner Richard Heymann, Imre Kertész, Walter Kempowski, Alexander Kluge, Georg Kreisler, Heiner Müller, Otto Nagel, Rudolf Noelte, Gustav Peichl, Jean-Pierre Ponnelle, Einar Schleef, Christoph Schlingensief, Artur Schnabel, Hanna Schygulla, Eva und Erwin Strittmatter, George Tabori, Konrad Wachsmann, Christa Wolf, Hans Zender und Bernd Alois Zimmermann erworben.

Als besonderen multidisziplinären Sammelschwerpunkt pflegte Trautwein das Kabarett und die Unterhaltungskunst vor 1933, u. a. mit den Archiven von Ralph Benatzky, Werner Richard Heymann, Friedrich Hollaender und Blandine Ebinger, Robert Gilbert, Klabund, Walter Mehring, Mischa Spoliansky sowie einen besonderen Sammelbereich zum Jüdischen Kulturbund in Deutschland (1933–1941). Die Exilbestände können als der bedeutendste Corpus zur Künstleremigration während des Nationalsozialismus überhaupt gelten, die Bestände zur darstellenden Kunst im 20. Jahrhundert und zur Musik nach 1945 sind die bedeutendsten in Deutschland.

Aus den über 180 Archiv-Ausstellungen der Amtszeit Trautwein, die in der Regel die jeweiligen Bestände erstmals vorstellten, sind hervorzuheben: Hans Werner Richter und die Gruppe 47, Peter Weiss, der Jüdische Kulturbund in Deutschland 1933–1941, 300 Jahre Kunstsammlung der Akademie, John Heartfield, Friedrich Hollaender und das Kabarett der zwanziger Jahre, Bertolt Brecht, Heiner Müller, Jean-Pierre Ponnelle, Artur Schnabel, die „Berliner Sammlung Kalligraphie“, Schadows Berlin, Walter Kempowski, Carl Blechens „Amalfi-Skizzenbuch“, George Grosz, Mario Adorf und Hanna Schygulla.

 

Veranstaltungshinweis

Archivgeschichte(n)
Es sprechen Klaus Staeck und Erdmut Wizisla, Ulrich Matthes liest Texte von Archivgebern. Dagmar Manzel singt, begleitet von Tal Balshai, Lieder von Bertolt Brecht, Hanns Eisler und Werner Richard Heymann.

Sonntag, 25. Januar 2015, 11.30 Uhr
Akademie der Künste, Hanseatenweg 10, 10557 Berlin
Eintritt frei
Tel. 030 20057-2000

 

Buchempfehlung

Aufbrüche in die Moderne. Das Archiv der Akademie der Künste
Julia Bernhard, Wolfgang Trautwein im Auftrag der AdK (Hg.), AdK, Archiv, Berlin 2013,
106 Farb- und 25 s/w-Abb., 224 S., ISBN 978-3-88331-202-6, 19 €

In 25 Fallbeispielen – zu Benjamin, Brecht, Kempowski, Kollwitz, H. Müller, der Akademie-Geschichte, neuen Formen in Theater, Kabarett, Tanz, Fernsehspiel oder Videokunst u. a. – geht die Publikation künstlerischen Aufbrüchen nach, die weiterreichende Folgen für die Entwicklung der Künste des 20. und 21. Jahrhunderts hatten. Der Einleitungsbeitrag zeigt Strukturen und Arbeitsweisen des gesamtdeutschen, multidisziplinären Künstlerarchivs auf, bilanziert die Entwicklung seit 1993, ein Anhang informiert über die Profile der Archivabteilungen.

Rezensionsexemplare werden auf Anfrage gern versandt.

Pressekontakt Anette Schmitt, Tel. 030 200 57–15 09/–15 14, schmitt@adk.de