4.1.2022

Akademie der Künste übernimmt Archiv von Ursula Krechel

Die Schriftstellerin Ursula Krechel hat den ersten Teil ihres künstlerischen Vorlasses an das Archiv der Akademie der Künste übergeben. Er umfasst Werkmanuskripte, Materialsammlungen und umfangreiche Korrespondenzen sowie Belegdrucke ihrer Publikationen.

Ursula Krechel ist nicht nur Autorin eines in seiner Vielfalt und Vielschichtigkeit überwältigenden Werks, sie war auch seit ihren Studienjahren als Dramaturgin und später in der Lehre tätig: als Gastdozentin verschiedener Universitäten und am Literaturinstitut Leipzig sowie als Leiterin der Prosawerkstatt des Literarischen Colloquiums Berlin. Das umfangreiche Archiv (10 Regalmeter) dokumentiert in großer Geschlossenheit die Genese ihres Werks und gibt Einblick in ihre Arbeit als Autorin, Publizistin und Dozentin in einem weit gespannten Netzwerk von Kolleginnen, Kollegen und Institutionen. Seit 2017 ist Ursula Krechel Mitglied der Akademie der Künste.

Ursula Krechel, 1947 geboren, wuchs in Trier auf. Sie schloss 1971 ihr Studium der Germanistik, Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte mit einer Dissertation über den Dramaturgen, Regisseur und Theaterkritiker Herbert Ihering ab. Schon vorher arbeitete sie als Rezensentin für Zeitungen und den Rundfunk und als Dramaturgin. Sie war 1974 Mitbegründerin eines Frauenzentrums und von 1976 bis 1983 Mitglied im Kuratorium der Autorenstiftung Frankfurt/Main. Sie schrieb zahlreiche Hörspiele, Theaterstücke, Gedichte, Essays, arbeitete am Literaturhaus Frankfurt/Main, übernahm von 1997 bis 1999 eine Gastprofessur am Literaturinstitut Leipzig und leitete die Prosawerkstatt am Literarischen Colloquium Berlin. Bereits 1984 war sie writer-in-residence der Universität Warwick, 1991 an der Washington University, St. Louis, 1992 an der Universität Essen und 2000 an der Ben Gurion Universität Beer Sheva. 2008 erschien ihr umfangreicher Exil-Roman Shanghai fern von wo. Die folgenden Romane Landgericht (2012) und Geisterbahn (2018) setzten ihre Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg fort. 2019 erhielt sie für ihr Lebenswerk den Jean-Paul-Preis des Freistaates Bayern. In der Begründung heißt es: „Ursula Krechel ergreift das Wort für diejenigen, die in der deutschen Nachkriegsgeschichte kaum eine Stimme haben. Sie spricht an, was bewusst verschwiegen wurde“.

Neben ihrer Mitgliedschaft in der Akademie der Künste gehört sie auch der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung an, ist Vizepräsidentin der Deutschen Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz und seit 2020 Ehrenpräsidentin des P.E.N.-Zentrums Deutschland.

Werke (Auswahl):
Erika. Theaterstück (1974), Selbsterfahrung und Fremdbestimmung. Essay (1975), Nach Mainz! Gedichte (1977), Verwundbar wie in den besten Zeiten. Gedichte (1981), Zweite Natur. Szenen eines Romans (1981), Lesarten. Von der Geburt des Gedichtes aus dem Nichts. Essay. (1982), Aus der Sonne. Theaterstück (1985), Kakaoblau. Gedichte für Erwachsende (1989), Sitzen Bleiben Gehen. Theaterstück (1989), Die Freunde des Wetterleuchtens. Erzählungen (1990), Technik des Erwachens. Gedichte (1992), Mit dem Körper des Vaters spielen. Essays (1992), Sizilianer des Gefühls. Erzählung (1993), Ich glaub, mich tritt ein Meerschwein. Theaterstück für Kinder (1996), Ungezürnt. Gedichte, Lichter, Lesezeichen (1997), Verbeugungen vor der Luft. Gedichte (1999), In Zukunft schreiben. Handbuch für alle, die schreiben wollen (2003), Stimmen aus dem harten Kern. Gedicht (2005), Shanghai fern von wo. Roman (2008), Jäh erhellte Dunkelheit. Gedichte (2010), Landgericht. Roman (2012, verfilmt 2017), Die da. Gedichte (2013), Stark und leise: Pionierinnen. Essays (2015), Geisterbahn. Roman (2018), Beileibe und zumute. Gedichte (2021)

Auszeichnungen (Auswahl):
1980 Arbeitsstipendium für Berliner Künstler, 1984 Stipendium Deutscher Literaturfonds, 1994 Internationaler Eifel-Literatur-Preis, 1994 Martha-Saalfeld-Förderpreis, 1995 Aufenthaltsstipendium Künstlerhaus Edenkoben, 1997 Elisabeth-Langgässer-Literaturpreis, 2000 Georg-K.-Glaser-Preis, 2008 Rheingau Literatur Preis, 2009 Jeannette Schocken Preis, 2009 Deutscher Kritikerpreis, 2009 Düsseldorfer Literaturpreis, 2009 Kunstpreis des Landes Rheinland-Pfalz, 2009 Joseph-Breitbach-Preis, 2012 Deutscher Buchpreis, 2012 Lyrikpreis Orphil, 2015 Gerty-Spies-Literaturpreis, 2019 Jean-Paul-Preis, 2020 Bundesverdienstkreuz

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Für Rückfragen: Helga Neumann, Literaturarchiv der Akademie der Künste,
Tel. +49 (0)30 200 57-32 29, helga.neumann@adk.de