1.4.2016, 13 Uhr

Akademie der Künste trauert um Imre Kertész

Nach langer und schwerer Krankheit verstarb am 31. März 2016 in Budapest der Schriftsteller Imre Kertész. Er wurde am 9. November 1929 in Budapest geboren. Nach der Besetzung Ungarns durch die deutschen Truppen wurde er 1944 in die Konzentrationslager Auschwitz und Buchenwald (mit dem Außenlager Wille/Tröglitz) deportiert. Die entsetzlichen Erfahrungen dieser Zeit wurden zum Hauptthema im schriftstellerischen Werk des Überlebenden. Erst zehn Jahre nach der Erstveröffentlichung 1975 wurde durch eine Neuauflage 1985 die Bedeutung Imre Kertész einer breiteren Öffentlichkeit bewusst. 2002 kam er als Fellow ans Wissenschaftszentrum nach Berlin und lebte auch anschließend bis 2012 überwiegend in der Stadt. Ebenfalls im Jahr 2002 erhielt er für sein Gesamtwerk den Nobelpreis. Seit 2003 war er Mitglied der Akademie der Künste. Sein Archiv hatte er bereits 2001 in großen Teilen als Depositum der Akademie der Künste übergeben. Dem folgten 2011 weitere Bestände aus Budapest und Berlin, so dass im Jahr 2012 die Eröffnung des Imre-Kertész-Archivs im Archiv der Akademie der Künste der Öffentlichkeit bekannt gegeben werden konnte.


Ingo Schulze, langjähriger Direktor der Sektion Literatur der Akademie, schrieb:
„Imre Kertész war einer der größten zeitgenössischen Schriftsteller. Er gehörte zu jenen ‚wenigen, die ihre Existenz daransetzten, Zeugnis vom Holocaust zu geben‘. Als Vierzehnjähriger wurde er nach Auschwitz deportiert. Seine literarische Wiedererschaffung des Lebens in nationalsozialistischen Vernichtungslagern hat etwas verständlich werden lassen, das zu monströs erschien, um erzählt werden zu können. Imre Kertész schrieb mit einer Genauigkeit, die Tragik und Komik ineinander webte, machte die Erfahrungen seiner Leser nie klein, er bedrängte sie nie. Die Bücher von Imre Kertész zu lesen, ist gesteigertes Leben. Er war voller Güte und zugleich von großer Entschiedenheit, in seinem Lachen fand sich beides.“


Die Akademie gedenkt ihres Mitgliedes.


Jeanine Meerapfel
Präsidentin der Akademie der Künste