Überfahrt von Ellen Auerbach auf der Patria von Triest nach Jaffa

Ellen Auerbach an Bord der Patria, 1934

Menschen am Quai, Abschiedswinken, fröhliche Gesichter, Aufbruchsstimmung. Sonne, Meereswellen, Möwen. An Deck betende Juden, fröhliche junge Menschen, Gesang und Reigentänze. Zwei Männer treffen sich und unterhalten sich im Liegestuhl. Menschen stehen an der Reling, hängen in der Takelage, den Blick nach vorn gerichtet.

Die Filmaufnahmen der Fotografin Ellen Auerbach mit Szenen an Bord der Patria sind einige der wenigen Zeugnisse aus den 1930er Jahren, die Schiffspassagen von Europa nach Palästina überliefern. Aufgrund der Verfolgung der Juden nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten nimmt die Auswanderung jüdischer Emigranten nach Palästina – ursprünglich von Seiten der zionistischen Bewegung propagiert – stark zu. Die Aufnahmen Auerbachs zeigen unter anderem bekannte Persönlichkeiten wie Chaim Weizmann, einen der wichtigsten Führer der modernen zionistischen Bewegung und ersten Präsidenten des 1948 gegründeten Staates Israel, und den berühmten Berliner Architekten Erich Mendelsohn. In einer kurzen Filmsequenz sieht man Weizmann in einem Liegestuhl lesend und Erich Mendelsohn, der ihn anspricht und sich zu ihm setzt. Beide werden, jeder auf seine Weise, maßgeblich Anteil an der Gestaltung des modernen Israel haben.

Bereits ein Jahr zuvor, am 16. Dezember 1933, fährt Ellen Auerbach, wie die Stempel in ihrem Reisepass verraten, von Genua aus mit einem Auswandererschiff nach Palästina und erreicht Haifa am 21. Dezember 1933. Ihre markanteste Erinnerung an die Ankunft ist der herbe Verlust ihrer Fotoausrüstung, die ihr bei der Einreise aus dem Zollgebäude gestohlen wird. Anfang Januar 1934 überredet sie ihr späterer Ehemann Walter Auerbach zu einer Europareise, die sie über Italien, Österreich, nach England und sogar Berlin führt. Im Herbst kehren die beiden nach Palästina zurück. Die zahlreichen Stempel in ihrem Pass machen die Stationen der Reise nachvollziehbar. Am 31. Oktober 1934 besteigt Ellen Auerbach die Patria in Triest für die Rückfahrt nach Jaffa.

 

Ellen Auerbach, geb. Rosenberg, 1906 in Karlsruhe, gest. 2004 in New York. Fotografin. Ab 1929 in Berlin Studio für Reklame- und Porträtfotografie ringl+pit gemeinsam mit Grete Stern, 1933 Emigration nach Palästina, Fotostudio in Tel Aviv mit Liselotte Grschebina, 1936/37 London, 1937 Emigration in die USA, lebt ab 1944 in New York, zahlreiche Reisen durch Lateinamerika und Europa, 1965–1984 Tätigkeit als Kindertherapeutin.


Eine Filmsequenz der Fotografin Ellen Auerbach mit Szenen an Bord der Patria wurde gezeigt in der Ausstellung "Uncertain States. Künstlerisches Handeln in Ausnahmezuständen",
15.10.2016 – 15.1.2017