Erweiterung des Benno-Elkan-Archivs durch die „Sammlung Julie Sonder, Schenkung Marion Sonder Glasserow und Richard Sonder“

Seit Frühjahr 2011 ergänzt die „Sammlung Julie Sonder, Schenkung Marion Sonder Glasserow und Richard Sonder“ das Benno-Elkan-Archiv um Briefe, Werkzeichnungen, Fotos und andere Dokumente. Im Sommer 2009 hatte die Akademie der Künste mit einer Veranstaltung am Pariser Platz das Archiv des 1877 in Dortmund geborenen und 1960 in London gestorbenen Bildhauers eröffnet. Damals waren Werkfotos, Manuskripte und Briefe des Schöpfers der großen Menorah vor der Knesset in Jerusalem als Schenkung seiner Enkel Beryn Hammil und Anthony Elkan aus Kalifornien in die Akademie gelangt.

Julie Gottschalk Sonder (geb. 1896 in Dortmund, gest. 1979 in New York) stammte wie Benno Elkan aus Dortmund und lebte mit ihrem Mann Alfred Sonder in Mannheim. 1938 floh die deutsch-jüdische Familie mit ihren drei Kindern aus Nazi-Deutschland. Julie Sonder kam Anfang der 1950er Jahre in ihrem Exilort New York mit Benno Elkan in Kontakt – ob schon in Deutschland eine Bekanntschaft bestanden hatte, ist unklar –, der zu einem Austausch von Briefen über Elkans Werk führte, denen er auch Arbeitsskizzen beilegte. Die Sammlung Julie Sonder enthält 20 Skizzen zu einzelnen Reliefs der Menorah, Werkfotos, Briefe und Postkarten, die Benno Elkan in den Jahren 1952 bis 1958 aus London nach New York schrieb. Das überlieferte Material erlaubt somit neue Einblicke in den Entstehungsprozess von Elkans bekanntestem Werk.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Benno Elkan ein bekannter und gefragter Medailleur und Bildhauer. Er fertigte Porträtmedaillen und -plaketten von Künstlern wie dem Maler Hans Thoma, dem Komponisten und Pianisten Eugen d’Albert oder dem Dichter Gerhart Hauptmann. Es entstanden Medaillen von Wissenschaftlern wie dem Serologen Paul Ehrlich und Politikern wie dem SPD-Vorsitzenden und späteren Reichspräsidenten Friedrich Ebert, nicht zuletzt auch Medaillen seiner Frau Hedwig und der Tochter Ursula.

Den ersten Auftrag für eine plastische Arbeit hatte ihm der Dortmunder Verleger und Freund der Familie, Karl Richter, für eine Familiengrabstätte mit der Figur „Wandelnde“ auf dem Dortmunder Ostfriedhof erteilt. Elkan erhielt danach weitere Aufträge für diesen Friedhof. Auch über seine Heimatstadt hinaus machte er sich mit seinen Grabdenkmälern einen Namen, so für den Dichter Frank Wedekind auf dem Münchener Waldfriedhof oder für Justizrat Fedor Stern auf dem jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee.

Auch als Porträtist von Persönlichkeiten aus Politik, Kunst und Wirtschaft war Benno Elkan bekannt und geschätzt. Von nationalistischer Seite angefeindet wurden seine Denkmäler für die Toten des Ersten Weltkrieges, die für seine Wahlheimat Frankfurt am Main und für Völklingen entstanden und die Inschrift „Den Opfern“ bzw. „Allen Opfern“ trugen. Sein im Sommer 1930 in Anwesenheit von Reichspräsident von Hindenburg enthülltes Mainzer Denkmal anläßlich des Endes der alliierten Besetzung des Rheinlands wurde wenige Jahre später von den Nationalsozialisten ebenso zerstört wie die Arbeit in Völklingen. Der Idee, allen Opfern, unabhängig von  Nationalität oder Rasse Denkmäler zu setzen, blieb Benno Elkan auch nach dem Zweiten Weltkrieg mit seinem Entwurf für ein Mahnmal für die wehrlosen Opfer des Bombenkrieges treu.

Nach 1933 ging Elkan mit seiner Frau Hedwig nach London. Anders als viele andere emigrierte Künstler konnte er in England schnell Fuß fassen. Bald entstanden Porträts, wie das von John D. Rockefeller, die er 1934 in der Royal Academy in London zeigen konnte. Zwei Jahre später hatte er bereits eine Einzelausstellung in der renommierten Galerie Knoedler. Elkan bekam Aufträge für Porträts von Künstlern, Wissenschaftlern und Politikern wie John Maynard Keynes oder
Winston Churchill, die in den Colleges von Oxford und Cambridge, im Courtauld Institute der Londoner Universität oder auch im House of Lords aufgestellt wurden.

Einen Namen machte sich Elkan auch mit den Leuchtern zu Themen des Alten und Neuen Testaments, die in Universitäts-Kapellen, in Buckfast Abbey - der einzigen Benediktinerabtei des Landes - und schließlich in Westminster Abbey, der Krönungs- und Grabeskirche der englischen Könige, ihren Platz fanden. Seine erste öffentliche Arbeit dieser Art waren die beiden Kandelaber für die Synagoge in Bruchsal gewesen. Wie schon bei seinen Grabmälern zeichnete er sich durch seine Bereitschaft aus, für christliche wie jüdische Einrichtungen gleichermaßen zu arbeiten. Den Leuchter zum Alten Testament, der in den 1920er Jahren in Deutschland entstand und den Elkan noch 1931 und 1932 in Berlin ausstellte, konnte er bei seiner Übersiedlung mit nach England nehmen und dort in der Royal Academy zeigen. Lord Arthur Lee of Fareham, der Mitbegründer des Courtauld Institutes und bedeutende Kunstmäzen, stiftete ihn im Winter 1939 der Westminster Abbey und gab einen zweiten zum Neuen Testament in Auftrag. Die Aufstellung seiner beiden Arbeiten in dieser herausragenden, nationalen Gedenkstätte der Briten, bedeutete für den Exilanten Elkan eine außerordentliche Ehrung und Anerkennung seiner künstlerischen Leistung.

Die Idee, einen siebenarmigen Leuchter zu schaffen, kam Benno Elkan schon bald nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Zunächst plante er, einen solchen auf eine Reise um die Welt zu schicken, später dachte er daran, eine Menorah in einer Hafeneinfahrt in Palästina, ähnlich wie die Freiheitsstatue in New York, zu errichten.
Im Mai 1948 wurde aus dem ehemaligen Mandatsgebiet der unabhängige Staat Israel und Anfang der fünfziger Jahre besuchte eine Gruppe britischer Parlamentarier den neugegründeten Staat. Dabei entstand die Idee, der jungen Demokratie Israel ein repräsentatives Geschenk zu machen und so wurde im Sommer 1953 im House of Lords das „Menorah fund committee“ gegründet, zu dessen Mitgliedern auch Benno Elkan gehörte. Für dieses Werk schuf er 29 Reliefs, mit denen er versuchte, „der Geistesgeschichte des jüdischen Volkes visuellen Ausdruck zu verleihen – von den Tagen Abrahams bis zum Warschauer Ghetto“, wie er selbst in einem Text schrieb. Als die Menorah im April 1956 in Jerusalem enthüllt wurde, konnte Benno Elkan aus gesundheitlichen Gründen an den Feierlichkeiten nicht mehr teilnehmen. 1966 erhielt sie ihren endgültigen Standort gegenüber dem Knesset-Neubau, wo sie zum Symbol für den Staat Israel und zu einer Attraktion für Touristen aus aller Welt wurde.

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(Stand 5.07.2011)


Julie Sonder, Porträt Benno Elkans, New York 1951


Benno Elkan, Skizze zum Relief "Rachel und Ruth" für die Große Menorah, Foto: Benno-Elkan-Archiv


Benno Elkan, Bibelleuchter für die Westminster Abbey, 1943, Foto: Benno-Elkan-Archiv


Benno Elkan, Die Menorah vor dem provisorischen Sitz der Knesset in Jerusalem, Foto: Benno-Elkan-Archiv


Benno Elkan, Porträt Carl Einstein, Bronze, Foto: Benno-Elkan-Archiv