27.8.2018, 16 Uhr

„Augenblicke für später“: Das Archiv von Peter Voigt ist erschlossen

Peter Voigt am Schneidetisch, Berlin, 1991

Im Juli 2017 übernahm das Bertolt-Brecht-Archiv den Nachlass des Dokumentarfilmers und Regisseurs Peter Voigt. Sämtliche Materialien, bestehend aus Filmen, Filmentwürfen, Skizzen und Zeichnungen, Collagen, Fotografien, Schriftdokumenten und Korrespondenzen, sind nun im Peter-Voigt-Archiv zu finden und stehen der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung.

Peter Voigt, 1933 in Dessau geboren, begann nach dem Abitur eine Ausbildung als Bühnenbild-Assistent an den Städtischen Bühnen in Leipzig. 1953 stellte er sich am Berliner Ensemble bei Bertolt Brecht vor, wurde auf der Stelle engagiert und arbeitete fortan als Regie- und Dramaturgie-Assistent an Brechts Seite.

„April 1954. Ich bin 20 und ausgerüstet mit allen Tugenden der Autoritätshörigkeit. [...] Ich weiß nicht was ich will, aber ich weiß meinen Platz hier. Ich bin bei Brecht und Helene Weigel, mehr kann ich nicht wollen." So beschrieb Voigt seine damalige Situation im biografischen Film Der Bevorzugte (2005). Er sammelte Erfahrungen als Brechts jüngster Assistent am Theater und wurde später der persönliche Assistent des Regisseurs Peter Palitzsch. Ab 1959 wechselte Voigt zur DEFA und arbeitete als Phasenzeichner und Trickfilm-Regisseur in Dresden, später als freischaffender Filmregisseur, unter anderem beim Fernsehen der DDR. Ab 1969 war er fest angestellter Regisseur und Autor im DEFA-unabhängigen Film-Studio H & S von Walter Heynowski und Gerhard Scheumann.

Eine Besonderheit in den Werken von Peter Voigt ist die Arbeit mit Fotodokumenten. Er integrierte sie in seine Filmarbeit und war – filmfremd – am Konzept des Marx-Engels-Forums in Berlin beteiligt. Er übernahm zusammen mit Arno Fischer die Gestaltung der Edelstahlstelen des Denkmals. Aus der eigenen Sammlung zahlreicher Fotos zur internationalen Geschichte der Arbeiterbewegung wählten sie Aufnahmen aus, welche, damals eine Weltneuheit, in die Oberfläche der Stelen dauerhaft erodiert wurden.

Als Dokumentarfilmer vertraute Peter Voigt auf die Klugheit seiner Zuschauer. Seine Filme verweigern sich herkömmlichen Dramaturgien und gleichen dokumentarischen Essays. Einfühlsam werden Lebensläufe vor ihren konkret historischen Hintergründen beschrieben und auf diese Weise Augenblicke für später bewahrt – so auch der Titel eines Films. Mittels der ihm eigenen Arbeitsweise gelang es Voigt, Schicksale Einzelner verstehbar zu machen und sie für die Nachwelt lebendig zu erhalten.

Das filmische Spätwerk rückt die Auseinandersetzung mit Bertolt Brecht in den Vordergrund. So erinnert sich Voigt in Der Zögling / Jawohl, Brecht (1998) an seine Jahre am Berliner Ensemble und in Bertolt Brecht – Bild und Modell (2006) dokumentiert er einzelne Aufführungen und Arbeitsmethoden im Kontext der Zeit nach Brechts frühem Tod. Auch in seinen unabgeschlossenen Werken finden wir den Schriftsteller und Regisseur im Mittelpunkt: Brechts Wände, eine Studie über den Leser Brecht und seine Bibliothek, sowie der Filmentwurf Karussellpferde. Brechts letzte Spielzeit, eine filmische Beobachtung Voigts.

Im Rahmen einer Veranstaltung am 25. September 2018 in der Akademie wird das Archiv von Peter Voigt eröffnet und die Publikation Peter Voigt. Filmarbeit, hg. v. Günter Agde im Verlag Neues Leben, vorgestellt. Vom 26.-29. September 2018 findet im Zeughauskino eine Retrospektive der Filme von Peter Voigt statt.

Ansprechpartnerin: Anett Schubotz