1976

Harald Metzkes

Harald Metzkes, Foto: Inge Zimmermann

Der Maler Harald Metzkes setzt sich gemeinsam mit Künstlerfreunden wie Manfred Böttcher und Ernst Schroeder früh vom sozialistischen Realismus ab. Schwarze Konturen, scharfe Zeichnungen und symbolhafte Elemente beherrschen diese frühen Jahre. Sie sind Ausdruck einer jungen suchenden Künstlergeneration, ihrer Ängste und Nöte. Seit über 60 Jahren erweckt Metzkes in seinen Bildwelten Figuren sensibel zum Leben und zieht den Betrachtenden hinein in die Stillleben, belebten Landschaften und berührenden Szenerien. „Die Bilder der deutschen Expressionisten erscheinen mir nach dem Krieg die einzig mögliche Sprache [...] Picasso hat alles in Malerei verwandelt.“ (Harald Metzkes, 1975)

Textbeiträge zur Preisverleihung

„Es war ein Bild [des Spartakus, gemalt von Metzkes] aus einer Sicht, die mich stutzig und produktiv unruhig machte.“ (Auszug Laudatio)

Harald Metzkes gehört zu denjenigen Malern der mittleren Generation, die ihre künstlerische Ausbildung bereits in der DDR erhalten hat und deren reiche und vielseitige künstlerische Arbeit immer mehr die Entwicklung unserer bildenden Kunst bestimmt.

Harald Metzkes hat bereits als Meisterschüler der Akademie bei Otto Nagel (1955–1958) die Grundlinien seines Werkes bestimmt. Charakteristisch für ihn ist eine Beziehung zur Natur, die sich an das Nächste hält, keiner besonderen Sensation bedarf, die malerisch ist, aber nicht pittoresk. Metzkes findet das Motiv, d.h. das Bewegende und zur Auseinandersetzung Reizende im Themenkreis des durchaus Alltäglichen.
Intensität und Feinheit der Beobachtung, Behutsamkeit und Konzentration der Malweise transportieren ihren Gegenstand naturnah und empfindungsgesättigt ins Bild. Bildnerische Urteile, hinter denen deutlich genug theoretisch formulierbare Grundüberzeugungen stehen, sind nicht seine Sache. Metzkes Blick für das scheinbar Gewöhnliche, der seine Malerei so streng im Rahmen des traditionellen Tafelbildes hält, ist darauf gerichtet, den Zusammenhang der Dinge wahrzunehmen. Der eigentliche Gegenstand vieler seiner Bilder, gleichgültig, ob es Stillleben, Porträts oder Landschaften sind, ist daher das Atmosphärische.

So wenig auch Stimmung und Fluidum des Zusammenwirkens der Dinge kompakt-gegenständlich zu erfassen sind, so sehr sind sie doch wirklich und von wesentlichem Interesse. Denn dieser elementare Übergang vom Sinnhaften zum Bedeutungsvollen und Ethischen bildet das Fundament aller Erlebnisfähigkeit wie aller Malerei. Auf diesem Übergang ruht in vielen Bildern von Metzkes die ganze Aufmerksamkeit. Er allein rechtfertigt die Bedeutung seiner Stillleben.

Ein so in den Gestaltungsvorgang eingeborgener Gehalt hat nichts mit leerer Virtuosität zu tun. Er ist vielmehr eine Besinnung auf die Voraussetzungen einer realistischen Malerei, die ihre Wirklichkeitsbeziehung nicht nur thematisch versteht. Metzkes, der sich lange mit dem Impressionismus, aber auch mit Cézanne, auseinandergesetzt hat, ist besonders in jenen Werken neu und eindrucksvoll, wo es ihm gelingt, das Atmosphärische zu verdichten, den impressionistischen Eindruck zum Ausdruck des Lebens der Natur zu steigern – wie in seinem Aufziehenden Gewitter von 1970 oder dem Garten von 1974.

Um diese Bilder, die die Mitte der Kunstgesinnung von Harald Metzkes bilden, gruppieren sich einige Werke mit symbolischem Gehalt (wie der Abtransport der sechsarmigen Göttin, 1956, oder dem Pferd von 1968), Gruppenbilder (wie z.B. das wichtige Bild Polytechnischer Unterricht von 1959 oder das Familienbildnis von 1973) und eine ganze Reihe von Arbeiten, die im Zusammenhang mit der Inszenierung des Molière’schen Arzt wider Willen, 1972, in der Volksbühne entstanden sind. Hier und in vielen seiner Grafiken beweist Metzkes eine Charakterisierungskunst und Freude am Fabulieren, deren er sich in seinen anderen Arbeiten offenbar absichtlich enthält.

Alle künstlerischen Bemühungen von Harald Metzkes zielen auf ein humanistisches Menschenbild. Seine bildnerische Sprache ist verhalten, aber nachdrücklich wirksam. Metzkes’ nun schon zwanzigjährige Arbeit in Berlin ist wichtig für die Entwicklung des sozialistischen Realismus in der DDR.

Laudatio, vorgetragen von Werner Stötzer anlässlich der Preisverleihung 1976:

Unsere Bekanntschaft begann in Berlin, als Studenten, in Dresden, sagte man sich höchstens Guten Tag.
Metzkes kam im Herbst 1955 als Meisterschüler zu Hagel. Zu dieser Zeit, ich war ein Jahr bei Seitz, passierte hier eine Menge, der Kreidekreis wurde inszeniert, in der Akademie waren aufregende Diskussionen, wir sehen die Filme der italienischen Neorealisten und die Montagen von Heartfield. Im kleinen Kinosaal hier im Hause wieherten Ihering und Brecht vor Freude über den Schwejkfilm von Jiří Trnka. Zu dieser Zeit kam Metzkes nach Berlin. Damals noch ohne Brille, schien er das alles mit einer distanzierten Neugier zu betrachten und sicher nicht ohne Genuss.

Aber, und das war schnell zu merken, Metzkes war zum Malen nach Berlin gekommen.
Es begann damit, dass er ziemlich große Leinwände grundierte und als erstes ein Bild des Spartakus, inmitten seiner Schar Kämpfer, auf einem Pferd malte.
Es war dies nun nicht eines jener historischen Bilder, wie sie in diesen Jahren erschreckend schlecht gemalt wurden. Es war ein Bild aus einer Sicht, die mich stutzig und produktiv unruhig machte.

Man wartete geradezu auf Stimmen, die sagen würden, „DARF MAN DAS DENN AUCH!“
Ich kann hier Jahre überspringen, diese Stimmen tönten noch oft genug, Stimmen, die es besser hätten wissen sollen und solche, die nicht wissen wollten, dass da jemand mit der Beharrlichkeit des Handwerkers, als Künstler jedoch, mit nüchterner und selbstverständlicher Besessenheit angetreten war, sein Bild von uns und unserer Welt zu malen.

Dieses Bild ist inzwischen zu einem Werk geworden und wenn es heute so viele Stimmen für die Arbeit von Harald Metzkes gibt, macht mich das froh, immerhin sind wir eine Strecke beschwerlichen Weges miteinander gegangen.
GEH VOM HÄUSLICHEN AUS UND VERBREITE DICH, SO DU KANNST. Metzkes zitiert es, es ist von Goethe, es trifft ein hungriges Herz.